Auf dem Fahrrad kann der Mensch sich drei- bis viermal schneller fortbewegen als der Fußgänger, doch er verbraucht dabei fünfmal weniger Energie. Auf flacher Straße bewegt er ein Gramm seines Gewichts einen Kilometer weit unter Verausgabung von nur 0,15 Kalorien.

Das Fahrrad ist der perfekte Apparat, der die metabolische Energie des Menschen befähigt, den Bewegungswiderstand zu überwinden. Mit diesem Gerät ausgestattet, übertrifft der Mensch nicht nur die Leistung aller Maschinen, sondern auch die aller Tiere.

Unter allen Fahrzeugen erlaubt nur das Fahrrad dem Menschen wirklich, von Tür zu Tür zu fahren, wann immer, und über den Weg, den er wählt. Der Radfahrer kann neue Ziele seiner Wahl erreichen, ohne daß sein Gefährt einen Raum zerstört, der besser dem Leben dienen könnte.

Fahrräder ermöglichen es dem Menschen, sich schneller fortzubewegen, ohne nennenswerte Mengen von knappem Raum, knapper Energie oder knapper Zeit zu beanspruchen. Er benötigt weniger Stunden pro Kilometer und reist doch mehr Kilometer im Jahr. Er kann den Nutzen technologischer Errungenschaften genießen, ohne die Pläne, die Energie oder den Raum anderer übermäßig zu beanspruchen. Er wird Herr seiner Bewegung, ohne die seiner Mitmenschen wesentlich zu beeinträchtigen. Sein neues Werkzeug schafft nur solche Bedürfnisse, die es auch befriedigen kann. Jede Steigerung der motorisierten Beschleunigung schafft neue Ansprüche an Raum und Zeit. Die Verwendung des Fahrrads beschränkt sich von selbst.

Aus dem Narrenlob des Fahrrads im Essay Energie und Gerechtigkeit von Ivan Illich, 1973.

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