von Gerhard Hippmann für UNSER DORF heute
„Vorsicht Auto!“ ruft jemand eilig – und sofort treten alle Anwesenden reflexartig zur Seite, um freie Bahn für den Kraftfahrer zu schaffen. Alle in Deutschland aufgewachsenen Menschen wurden durch Verkehrserziehung dazu konditioniert, sich dem Kfz-Verkehr unterzuordnen. So konnte einerseits das Unfallrisiko für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer:innen reduziert werden, andererseits wurde unserer Gesellschaft jedoch eine tief verinnerlichte eingebaute Vorfahrt für das Auto anerzogen. Aber ist es noch zeitgemäß, dass Schwache auf Starke Rücksicht nehmen – und nicht umgekehrt?
Die Aktionsform Kidical Mass vertritt dazu eine klare Position: Statt verkehrsgerechter Kinder setzt sie sich für kindgerechten Verkehr ein. Ziel ist es, dass Kinder sich selbständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad im öffentlichen Raum bewegen können. Konkret wird eine Reform des Straßenverkehrsrechts gefordert, sodass ungeschützte Verkehrsteilnehmer:innen – insbesondere Kinder – nicht länger als Störgrößen wahrgenommen, sondern wegen ihrer systemischen Benachteiligung besonders geachtet und rücksichtsvoll behandelt werden.
In der Gemeinde Weßling fand die erste Kidical Mass am 14. Mai 2022 statt. 89 Kinder, Eltern und Großeltern setzten mit einem durch die Polizei gesicherten Radldemonstrationszug entlang der wichtigsten Schulwege zur neuen Grundschule ein Zeichen für kinderfreundliche Mobilität. Insbesondere wurden sichere Schulwege und Querungshilfen, mehr verkehrsberuhigte Bereiche und Fahrradstraßen, sowie generell Tempo 30 innerorts gefordert.
Als in diesem Mai mehr als 150.000 Menschen in über 500 Orten demonstrierten, war die Gemeinde Weßling erneut dabei. Denn für jung und alt ist es ein freudiges und erhellendes Erlebnis, sich mit dem Radl unbedrängt und sicher auf sämtlichen Straßen im Ort bewegen zu können. Für diese bestechende Vision ist auch im kommenden Jahr eine Kidical Mass geplant – radeln Sie mit uns?