
















Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Aktivitäten der Mobilitätswende in ihrem zwölften Jahr 2024.
Fahrradabstellanlagen
Das mit Abstand bedeutsamste Ereignis für nachhaltige Mobilität in Weßling war die Sanierung und Erweiterung der Fahrradabstellanlagen am Bahnhof. Endlich gibt es am wichtigsten Ziel in der Gemeinde quantitativ und qualitativ hervorragende Radlständer. Nach zwölf Jahren beharrlicher Projektarbeit war das Vorhaben zuletzt selbst durch die angespannte Finanzsituation der Gemeinde nicht mehr zu stoppen, weil sonst umfangreiche Fördergelder und wertvolle Gestattungsverträge verfallen wären. Zudem war Weßling der letzte S-Bahnhof im Landkreis STA, an dem die Fahrradabstellanlagen noch nicht saniert worden waren. Das Ergebnis überzeugt auf ganzer Linie; neben der optimalen Nutzbarkeit hat auch die optische Erscheinung viel Anerkennung von Bürger:innen erhalten.
Fünfte Verkehrszählung
Nach den Herbstferien führte die Mobilitätswende zum fünften Mal Verkehrszählungen in der Hauptstraße auf Höhe Post und Autohaus Widmann durch. Die Ergebnisse bestätigen den abnehmenden Trend auf mittlerweile 44 % bzw. 49 % weniger Kfz als vor der Eröffnung der Westumfahrung. Bei den gemessenen Fahrgeschwindigkeiten war hingegen erstmalig eine leichte Verschlechterung zu beobachten. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Verkehrsbelastung durch die bevorstehende Neugestaltung der Hauptstraße weiter reduziert werden kann.
Kidical Mass
An der dritten Kidical Mass in Weßling am 4. Mai nahmen 52 Kinder und Erwachsene teil. Schönes Radlwetter und Hüpfburg sorgten für beste Stimmung. Allerdings konnten bislang weder die kurzfristigen, noch die langfristigen Forderungen für sicherere Schulwege mit den Betroffenen bzw. Verantwortlichen diskutiert werden. Das ist bedauerlich, weil durch die vorgeschlagenen Maßnahmen mit wenig Aufwand große Fortschritte erreicht werden könnten.
Radl Werkstatt
Seit 2015 reparieren ehrenamtliche Schrauber in der Radl Werkstatt Fahrräder für geflüchtete und einheimische Gemeindebürger:innen. In der Sommerpause musste die vor vier Jahren bezogene Doppelgarage beim Kinderhaus Regenbogen kurzfristig wegen Vermietung an eine externe Kita geräumt werden. Als neuen Standort stellte die Gemeinde ein gut geeignetes Klassenzimmer der ehemaligen Grundschule Oberpfaffenhofen zur Verfügung. Dank Heizung ist nun auch ein Betrieb im Winter möglich.
STAdtradeln und Radltag
Beim STAdtradeln 2024 radelten für die Gemeinde Weßling 359 Teilnehmer:innen in 18 Teams 67.126 km weit. Das ist das zweitniedrigste Ergebnis der letzten zwölf Jahre; anscheinend wird hier der insgesamt rückläufige Radverkehr sichtbar. Erfreulich ist aber, dass diesmal die Grundschule das größte Team mit 101 Radler:innen stellte, welches insgesamt 1157 Fahrten beitrug.
Als weitere feste Institution der gemeindlichen Radlkultur fand am 13. April der sechste Radltag der Nachbarschaftshilfe statt. Einmal mehr fanden Radlflohmarkt, Radl Werkstatt und ADFC-Fahrradcodierung großen Zuspruch.
Kommunalpolitik
Nicht zuletzt durch das Großprojekt Fahrradabstellanlagen am Bahnhof und die angespannte Haushaltslage spielte nachhaltige Mobilität in der Gemeindepolitik des vergangenen Jahres kaum eine Rolle. Immerhin wurden am 23. Januar einige kleinere Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in der Gautinger Straße beschlossen. Diese wurden bisher allerdings genauso wenig umgesetzt, wie die bereits im Juli 2023 beschlossenen verkehrsberuhigten Bereiche in der südwestlichen Ettenhofener Straße, der Neuhochstadter Straße und der Kolpingstraße. Zu letzteren fand am 8. März eine Infoveranstaltung statt, bei der einige Anwohner:innen mit großer Vehemenz Stimmung gegen geringfügige Einschränkungen des Kfz-Verkehrs machten, ohne von der damit verbesserten Aufenthaltsqualität und Sicherheit für Fußgänger:innen auch nur Notiz zu nehmen.
Eine wahrscheinlich folgenschwere Fehlentscheidung traf der Gemeinderat am 27. Februar: In nichtöffentlicher Sitzung wurde beschlossen, die Errichtung eines Drogeriemarkts neben dem bestehenden Aldi-Markt im Argelsrieder Feld zu genehmigen. Da der Standort aus keinem der Ortsteile in akzeptabler Zeit fußläufig erreichbar ist, handelt es sich um ein Projekt im Sinne der aus der Zeit gefallenen autogerechten Stadtplanung, das dem zukunftsweisenden Konzept der 15-Minuten-Gemeinde diametral entgegenläuft. Diesen grundsätzlichen Makel können auch die vorgesehene Doppelnutzung des Parkplatzes und die gute Radverkehrsanbindung nicht heilen. Vielmehr wird so das Sterben der Ortsteilzentren Oberpfaffenhofen und Weßling angefacht, wie schon früher in Hochstadt geschehen.
Im Juli hob das gemeindliche Ordnungsamt die Freigabe für den Radverkehr auf dem Gehweg entlang des Badestrands auf. Diese Maßnahme erfolgte ohne Beratung oder Beschluss des Gemeinderats und wurde mit verbesserter Sicherheit für den Fußverkehr begründet. Zwar ist die Entscheidung im Prinzip nachvollziehbar, in der Praxis ist jedoch kaum damit zu rechnen, dass sich ausgerechnet die Rücksichtslosen an die geänderten Regeln halten. Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr und sie begleitende Aufsichtspersonen dürfen nach StVO §2 Abs. 5 freilich weiterhin auf dem Gehweg radelnd den See genießen.
Seit Januar tagt monatlich ein neu gegründeter gemeindlicher Arbeitskreis Klima und Energie. Es handelt sich dabei um eine motivierte und kompetente Runde, die sich allerdings (wie die meisten solcher Initiativen) vorwiegend mit den Sektoren Strom und Wärme befasst, während Mobilität eher stiefmütterlich behandelt wird. Somit sind von dieser Seite leider kaum Impulse zu erwarten, die über die selbstverständliche Antriebswende hinaus gehen.
Seit dem Herbst sind sieben der insgesamt 13 Bushaltestellen in der Gemeinde Weßling mit DFI-Anzeigern (Dynamische Fahrgast Information) ausgestattet. Die sogenannten Haltestellentaschen zeigen die bevorstehenden Abfahrtzeiten an. Da es sich um mittels Mobilfunk übertragene Echtzeitdaten handelt, können dabei aktuelle Verzögerungen und Störungen berücksichtigt werden. So wird Busfahren inklusiver, einfacher und komfortabler. In Zukunft werden weitere DFI-Anzeigen am Bahnhof installiert werden.
Außerdem stellte die Gemeinde auch in 2024 weitere fehlende Bordsteinabsenkungen an der Einmündung Etterschlager Straße/Katzenstein her, sodass nun 18 von 30 erledigt sind.
Sonstiges
Vor zwei Jahren hatten die Gemeinde Weßling und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vereinbart, gemeinsam das Fahrradpendeln auf dem Geh- und Radweg zwischen Weßling und Gilching attraktiver zu machen. Dazu hatte die Gemeinde Ampelhaltegriffe installiert, die im Herbst vom DLR durch ein Ampeltrittbrett ergänzt wurden. So wurde das Anhalten bei Rotlicht sicherer, komfortabler und lässiger.
In 2019 hatte UNSER DORF zwei Mitfahrbänke in Weßling und Hochstadt errichtet. Die Zielschilder wurden jedoch schon bald beschmiert und beklebt, und ihre Befestigung erwies sich als nicht robust genug. Daher wurden sie Ende Juli durch eine Neukonstruktion der Firma Metallbau Maier ersetzt. Die Mobilitätswende unterstützte durch Grafikdesign und Anbringung passender Klebefolien.
Schließlich trug die Mobilitätswende auch in 2024 zur Dorfzeitung UNSER DORF heute bei, diesmal mit Beiträgen zu den Fahrradabstellanlagen am Bahnhof und zum Deutschland-Ticket.
Fazit
Zwar gab es in der Gemeinde Weßling im Jahr 2024 nur wenige Fortschritte in Richtung nachhaltige Mobilität, aber mit der wirklich gelungenen Sanierung und Erweiterung der Fahrradabstellanlagen am Bahnhof wurde dennoch besonders viel erreicht. Trotz verkehrspolitischem Stillstand in der Kommunalpolitik und fossilem Rollback auf Bundesebene könnte es im Jahr 2025 in ähnlicher Weise weiter gehen, denn eine ganze Menge Beschlüsse und Projekte warten noch auf Umsetzung durch die Gemeindeverwaltung. Darüber hinaus sind aus heutiger Sicht jedoch keine größeren Fortschritte mehr zu erwarten, zumal deutlich ein gesellschaftlicher Trend wahrnehmbar ist, planetare Grenzen einfach auszublenden – solange dies noch möglich ist.