Archiv der Kategorie: Fahrradfreundliche Gemeinde

Infos und Aktionen zum Projekt: Weßling auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde

Neue Radlständer in Hochstadt und Weßling

Zum Ende des verkehrspolitisch ziemlich hoffnungslosen Jahres 2023 noch eine gute Nachricht: In der Gemeinde Weßling gab es in diesem Jahr große Fortschritte bei den Fahrradabstellanlagen.

So wurden die drei neuen Gebäude Nr. 32 und 34 a/b in der Hauptstraße (Post, Bäckereifiliale) mit insgesamt 23 Anlehnbügeln (46 Abstellplätze) ausgestattet. Diese Radlständerbauart ist zwar nicht optimal in ihrer Funktion, wird von Architekt:innen allerdings bevorzugt geplant, wohl weil sie am wenigsten optische Unruhe verursacht. Immerhin erlaubt sie in Kombination mit einem Fahrradschloss diebstahlgeschütztes Abstellen fast aller Fahrradtypen.

12 Abstellplätze für das Freizeitheim

Nach jahrelanger Vorbereitung wurde diesen Sommer auch eine Abstellanlage für das Freizeitheim in Hochstadt errichtet. Ein Teil der zwölf ADFC-zertifizierten Radlständer wurde von UNSER DORF e.V. gespendet, und die gelungene Einpassung in das abschüssige Gelände wurde von Gemeinderat Martin Deuflhart umgesetzt – vielen Dank!

Im Zuge des Neubaus der Grundschule wurden außerdem Abstellanlagen mit ausreichend vielen, qualitativ hochwertigen Radlständern für Schüler:innen und Sportler:innen geschaffen. Im Nebengebäude der Schule stehen 30 Abstellplätze zur Verfügung. Hier wurde der Seitenabstand ausnahmsweise auf 40 cm reduziert, weil das für Kinderfahrräder ausreicht und so mehr überdachte Plätze realisierbar sind. Weitere 36 Radlständer wurden am südlichen Rand des Schulhofs aufgestellt – hier leider ohne Überdachung. Schließlich wurden auch die nahe gelegenen Radlständer unter dem Vordach der Sporthalle durch 29 hochwertige Parker ersetzt.

Insgesamt sind das deutliche Schritte nach vorne, die das Radeln in der Gemeinde spürbar attraktiver machen. Darüber hinaus besteht weiterhin begründete Hoffnung, dass die Fahrradabstellanlagen am Bahnhof im kommenden Jahr endlich saniert und erweitert werden.

Kidical Mass fordert kindgerechten Straßenverkehr

von Gerhard Hippmann für UNSER DORF heute

„Vorsicht Auto!“ ruft jemand eilig – und sofort treten alle Anwesenden reflexartig zur Seite, um freie Bahn für den Kraftfahrer zu schaffen. Alle in Deutschland aufgewachsenen Menschen wurden durch Verkehrserziehung dazu konditioniert, sich dem Kfz-Verkehr unterzuordnen. So konnte einerseits das Unfallrisiko für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer:innen reduziert werden, andererseits wurde unserer Gesellschaft jedoch eine tief verinnerlichte eingebaute Vorfahrt für das Auto anerzogen. Aber ist es noch zeitgemäß, dass Schwache auf Starke Rücksicht nehmen – und nicht umgekehrt?

Die Aktionsform Kidical Mass vertritt dazu eine klare Position: Statt verkehrsgerechter Kinder setzt sie sich für kindgerechten Verkehr ein. Ziel ist es, dass Kinder sich selbständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad im öffentlichen Raum bewegen können. Konkret wird eine Reform des Straßenverkehrsrechts gefordert, sodass ungeschützte Verkehrsteilnehmer:innen – insbesondere Kinder – nicht länger als Störgrößen wahrgenommen, sondern wegen ihrer systemischen Benachteiligung besonders geachtet und rücksichtsvoll behandelt werden.

Zweite Kidical Mass in Weßling am 13. Mai 2023

In der Gemeinde Weßling fand die erste Kidical Mass am 14. Mai 2022 statt. 89 Kinder, Eltern und Großeltern setzten mit einem durch die Polizei gesicherten Radldemonstrationszug entlang der wichtigsten Schulwege zur neuen Grundschule ein Zeichen für kinderfreundliche Mobilität. Insbesondere wurden sichere Schulwege und Querungshilfen, mehr verkehrsberuhigte Bereiche und Fahrradstraßen, sowie generell Tempo 30 innerorts gefordert.

Als in diesem Mai mehr als 150.000 Menschen in über 500 Orten demonstrierten, war die Gemeinde Weßling erneut dabei. Denn für jung und alt ist es ein freudiges und erhellendes Erlebnis, sich mit dem Radl unbedrängt und sicher auf sämtlichen Straßen im Ort bewegen zu können. Für diese bestechende Vision ist auch im kommenden Jahr eine Kidical Mass geplant – radeln Sie mit uns?

Gemeinderat verhindert wirklich fahrradfreundliche Gemeinde Weßling

Die Zertifizierung des autogerechten Landkreises STA als fahrradfreundliche Kommune hatte bei Radler:innen für viel Kopfschütteln gesorgt, weil sie nicht annähernd den Tatsachen entspricht. Die Gemeinde Weßling wollte es besser machen und strebte eine wirklich verdiente Zertifizierung an. Doch dieses Vorhaben wurde im Jahr 2022 durch aus der Zeit gefallene Gemeinderatsbeschlüsse zunichte gemacht.

Verkehrsplanung Grundschule

Die aus Windschutzscheibenperspektive konzipierte Verkehrsplanung für die neue Grundschule wurde bereits in einem eigenen Beitrag gewürdigt. Hier wurde verpasst, eine an der Zukunft ausgerichtete, kindgerechte und fahrradfreundliche Lösung zu realisieren.

Fahrradzone/-straße Pfarrstadel

Bereits im Januar 2018 hatte der Gemeinderat die Einführung zweier Fahrradstraßen befürwortet. Die erste Fahrradstraße zwischen Bahnhofstraße und Meilinger Weg wurde im Juni 2020 eröffnet und hat sich seitdem bestens bewährt.

Fahrradzone Pfarrstadel

Über die zweite Fahrradstraße zwischen Ettenhofener Straße und Steinebacher Weg wurde in der Gemeinderatssitzung am 27. September 2022 beraten. Diese Verbindung ist Teil des landkreisweiten Alltagsradroutennetzes sowie des Radfernwegs München-Bad Wörishofen (Ammersee-Radweg). Hinzu kommt, dass es sich mit Eröffnung der neuen Schule um den am stärksten frequentierten Schulweg handeln wird. Eine Fahrradstraße oder -zone ist hier offenkundig ein geeignetes und kostengünstiges Mittel, um radelnde Schulkinder und begleitende Eltern gegenüber dem Kfz-Verkehr zu stärken und das Nebeneinanderfahren zu gestatten.

Fahrradstraße Pfarrstadel

Doch wie schon bei der Verkehrsplanung für die Schule wurde die Maßnahme von autofreundlichen Rät:innen mit viel Eifer und wenig Sachkunde erfolgreich bekämpft: Bei Abwesenheit dreier radlaffiner Mitglieder wurde dieser wichtige Meilenstein auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde mit 8:9 Stimmen unerwartet abgelehnt.

Steinebacher Weg

Mit den Verbindungen Oberpfaffenhofen-Unterbrunn, Hochstadt-Unering und Weßling-Steinebach fehlen der Gemeinde Weßling noch drei interkommunale Radwege zur Anbindung an das Alltagsradroutennetz des Landkreises. Da es sich bei den beiden zuerst genannten um Staats- bzw. Kreisstraßen-begleitende Geh- und Radwege handelt, ist die Gemeinde nur für den Steinebacher Weg zuständig und handlungsfähig. Ein alltagstauglicher Ausbau ist hier relativ einfach und ohne Flächenverbrauch durch Asphaltierung des bestehenden Wirtschaftsweges realisierbar, sodass eine sowohl für den Radverkehr, als auch für den landwirtschaftlichen Verkehr optimal funktionierende und langlebige Oberfläche zur Verfügung steht.

Steinebacher Weg im Winter

Mit dem Förderprogramm Radoffensive Bayern wollte die bayerische Staatsregierung in 2022 interkommunale Radwege im Wald und entlang von Bahnlinien voran bringen. Aus 325 eingereichten Projektideen wurde dank monatelangem intensiven und beharrlichen Einsatz der Gemeindeverwaltung der Ausbau des Steinebacher Wegs als eines von 27 Vorhaben ausgewählt. Die damit verbundene Förderzusage von traumhaften 80 % machte es möglich, die geschätzten Kosten für den Ausbau des Abschnitts auf Weßlinger Flur von 139 k€ auf 28 k€ zu senken.

Es ist absehbar, dass der erste, 270 m lange Teilabschnitt bis zur dort entstehenden landwirtschaftlichen Betriebsstätte demnächst ohnehin asphaltiert werden wird. Durch die bewilligte Förderung bestand die einmalige Chance, zu weniger als halb so hohen Kosten den gesamten Weg bis zur Gemeindegrenze auszubauen.

Drei Viertel der amtierenden Gemeinderät:innen gehören Fraktionen an, die im Kommunalwahlkampf 2020 den Bau von Radwegen versprochen haben:

„Durch Ausbau bzw. Einfordern alltagstauglicher Radrouten nach Unterbrunn, Steinebach und Unering wollen wir die Gemeinde zur wirklich fahrradfreundlichen Kommune machen.“
Wahlprogramm Grüne Weßling

„Stärkung des Radverkehrs innerorts und Ausbau der Radwege zu den Nachbargemeinden.“
Ziele Freie Wähler Weßling

„Das Fahrradwege-Netz ausbauen“ und „bestehende Fahrrad- und Fußwege pflegen und auch im Winter nutzbar machen.“
Wahlprogramm SPD Weßling

Dennoch stimmte am 22. November 2022 auch in dieser Sache mit 9:10 eine hauchdünne Mehrheit (bei zwei abwesenden radlaffinen Rät:innen) gegen den alltagstauglichen Ausbau. Als Begründung wurde vorgebracht, dass sich der Seefelder Gemeinderat zuvor dagegen entschieden hatte – wie gewohnt hatte es keine Initiative aus dem Landratsamt gegeben, um die Umsetzung dieser Maßnahme aus dem Alltagsradroutennetzkonzept zu koordinieren. So kam es, dass im Dezember auch noch der Wörthseer Gemeinderat den Ausbau ablehnte, obwohl dort Radler:innen wegen starker Gefälle besonders hoher Sturzgefahr ausgesetzt sind.

Diese drei Fehlentscheidungen haben die bislang erfolgreich verlaufene Umsetzung der fahrradfreundlichen Gemeinde Weßling auf der Zielgerade zu Fall gebracht. Nun ist fraglich, ob es noch in dieser Wahlperiode zur Zertifizierung kommen wird, oder ob diese auf die Amtszeit des folgenden Gemeinderats vertagt wird, in dem es hoffentlich mehr Verständnis und stabile Mehrheiten für die Radverkehrsförderung geben wird.

Mit Karacho in die falsche Richtung

Brief vom 10. April an Landrat Stefan Frey

Sehr geehrter Herr Frey,

haben Sie kürzlich in der SZ das Interview mit dem Klimaforscher Mojib Latif (Leiter der Forschungseinheit Maritime Meteorologie am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel) gelesen? Er ist skeptisch, ob es noch gelingen kann, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen: „Die Welt müsste den Rückwärtsgang einlegen und mit Höchstgeschwindigkeit in die andere Richtung fahren. Denn es ist nicht so, dass die Richtung stimmt und nur das Tempo nicht. Wir fahren in die falsche Richtung.“

Als ich diese Sätze las war mir klar, warum ich solches Bauchgrummeln habe, seitdem ich Herrn Schwarz zugesagt habe, ihn heuer bei der Öffentlichkeitsarbeit für das STAdtradeln zu unterstützen!

Seit elf Jahren beteiligt sich der Landkreis Starnberg nun an der Klimaschutzaktion Stadtradeln und nach wie vor fährt der Landkreis was die Mobilität betrifft ungebremst und mit Karacho in die falsche Richtung! In dieser Zeit wurde der Kfz-Verkehr unter anderem mit dem Bau von vier Ortsumfahrungen, dem sechsspurigen Ausbau der A 96 einschließlich aufwändiger Galerien und dem Baubeginn des Tunnels Starnberg gefördert. Vor allem beim Bau der Umfahrungen wurde nicht nur auf ein begleitendes Konzept für den Fuß- und Radverkehr verzichtet, nein, ganz bewusst wurde in Kauf genommen, dass wichtige Verkehrsverbindungen für Fußgänger und Radfahrer ganz unterbrochen wurden (Mamhofen – Umfahrung Starnberg, Mitterwies – Umfahrung Weßling, Allguth-Tankstelle – Umfahrung Gilching) und an einer Vielzahl weiterer Stellen wesentliche Verschlechterungen eintraten. Zitate Staatliches Bauamt Weilheim zu Mamhofen: „Radfahrer sind hier nicht mehr erwünscht!“ und zur Unterführung beim Kreisverkehr Dellinger Höhe: „Natürlich kann die Unterführung von Radfahrern nur langsam durchfahren werden. … Die neugebaute Straße ist auf Tempo 100 ausgelegt. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung ist nicht angezeigt.“

Stadtradeln ist keine Werbeaktion für den Fremdenverkehr, es ist auch keine Trimm-Dich-Aktion! Stadtradeln ist eine Klimaschutz-Aktion! Wir sind mitten drin in der Klimakrise und auch mitten drin in einer akuten Energiekrise. Das kann beim Verkehr nur eines heißen: Wir müssen viel weniger mit dem Auto fahren und, wenn wir mit dem Auto fahren, muss es viel sparsamer geschehen! Und das betrifft Fahrzeuge mit Elektromotor nicht weniger, als solche mit Verbrennungsmotor.

Viele Stadtradler haben das längst erkannt und zeigen Jahr für Jahr, dass sie bereit sind für eine klimafreundliche Mobilität. Jetzt ist es höchste Zeit, dass der Landkreis den Radverkehr mit konkreten Maßnahmen wirksam fördert und Radfahrer schützt!

Der Landkreis will an einigen wenigen Kreisstraßen Radwege bauen – die ersten drei Kilometer zwischen Unering und Hochstadt sollen Anfang 2024 fertig sein, alle anderen Jahre später. Und bis dahin? Bis dahin nehmen Sie in Kauf, dass auf diesen Straßen – und vielen anderen – täglich Autos mit Tempo 100 und oft mit viel zu geringem Seitenabstand an Radfahrern vorbeifahren und diese gefährden. Warum nicht jetzt schnell handeln?

  • Geschwindigkeit auf Straßen ohne begleitenden Radweg auf 70 km/h begrenzen!
  • An Ortsausgängen auf den Mindestseitenabstand von 2 m hinweisen!
  • Straßen, wie z. B. die Verbindungen Gauting-Gilching, Oberbrunn-Unterbrunn, Rothenfeld-Machtlfing für den Kfz-Durchgangsverkehr sperren!
  • Direkte Verbindungen auf Feld- und Waldwegen, wie z. B. Hochstadt-Starnberg, Weßling-Wörthsee, Drößling-Landstetten alltagstauglich machen!
  • Radschnellwege Starnberg-Fürstenfeldbruck und Freiham-Gilching in Angriff nehmen!

Welche Vorschläge haben Sie? Das STAdtradeln 2022 startet am 27. Juni – womit wollen Sie die Radfahrer dazu motivieren, wieder mitzumachen? Und wie machen Sie den Menschen im Landkreis deutlich, dass Autoverkehr wie bisher in Zukunft nicht mehr möglich sein wird?

Mit freundlichen Grüßen,
Gerhard Sailer

Old-School-Verkehrsplanung für neue Schule

Nach jahrelanger Konzeption und Planung beschloss der Gemeinderat am 11. Mai die Verkehrsplanung für die neue Grundschule. Das Ergebnis ist enttäuschend, denn statt kindgerechter und menschenfreundlicher Gestaltung des öffentlichen Raums und nachhaltiger Mobilität steht die uneingeschränkte Nutzung durch Kfz jeder Größenordnung im Vordergrund.

Verkehrsplanung für die neue Grundschule (Norden bzw. Ortsmitte rechts im Bild)

Organisation und Standort

Es ist nachvollziehbar, dass sich der Schulbetrieb durch die Zusammenlegung der Schulhäuser an einen Standort einfacher und effizienter organisieren lässt. Doch hinsichtlich Mobilität entsteht dadurch der gravierende Nachteil, dass die Schule für einen großen Teil der Schüler:innen nicht mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar ist. Dieses Problem wird durch den überhaupt nicht zentral gelegenen Standort am westlichen Ende der Gemeinde noch erheblich verschärft. So widersprechen Einhäusigkeit und Standort diametral dem klugen Konzept der Gemeinde der kurzen Wege, welches eine wichtige Voraussetzung für die notwendigerweise nachhaltige Mobilität der Zukunft darstellt.

Darüber hinaus sind durch die Standortwahl Konflikte mit dem Radverkehr zu erwarten, denn sowohl der Meilinger Weg als auch der Steinebacher Weg stellen hoch priorisierte Radrouten dar, welche zudem im Bereich des neuen Schulhauses abschüssig verlaufen. Sehr gefährlich für Radler:innen ist offensichtlich auch die Situation an der von der Hauptstraße den Meilinger Weg kreuzenden Parkplatzzufahrt für Kfz.

Kfz-Stellplätze und Fahrradabstellplätze

Stellplatzsatzungen wurden erfunden, um die Motorisierung zu fördern. In der Gemeinde Weßling gilt eine Stellplatzsatzung (bzw. die bayerische GaStellV), die diesbezüglich Nägel mit Köpfen macht: Für die Sport- und Grundschulanlagen fordert sie nicht weniger als 113 Stellplätze! Dieses offenkundig absurd hohe Maß wird im Bebauungsplan durch merkwürdige Zahlenspiele auf 71 reduziert, was zufällig der für Parkplätze maximal zur Verfügung stehenden Fläche entspricht. Doch auch damit wird es in Zukunft nahezu jederzeit ein Überangebot an Stellplätzen geben, das Sporttreibende, Eltern und Schulpersonal zur Anfahrt mit dem Auto einlädt.

Deutlich weniger großzügig wurden die Fahrradabstellplätze für die neue Schule geplant. Während an den bisherigen Schulhäusern in Oberpfaffenhofen und Weßling jeweils 36 überdachte Plätze zur Verfügung standen, enthielt die neue Planung nur 24 überdachte und 36 nicht überdachte Plätze. Durch eine nachträgliche Optimierung gelang es immerhin, erstere auf 30 zu erhöhen – was allerdings noch immer einen deutlichen Rückschritt für den Radverkehr darstellt.

Schulweg für Kinder

Das ursprüngliche Verkehrskonzept für die neue Schule ging von einer Vorstudie aus, nach der etwa 70 % der Schulkinder durch den östlichen Steinebacher Weg zur Schule gelangen. Um Gefährdungen durch Kfz-Verkehr zu vermeiden sah es vor, den Abschnitt zwischen Max-Doerner-Weg und der Hauptstraßen-Unterführung für den Kfz-Verkehr zu sperren. Für den Bring- und Holverkehr wurden stattdessen Längsparkplätze auf dem Parkplatz geplant, welcher nur über die Hauptstraße erreichbar ist.

Dieses schlüssige und kinderfreundliche Konzept wurde jedoch vom Gemeinderat mehrheitlich verworfen. Um Umwege für den Kfz-Verkehr zu vermeiden, wird der Steinebacher Weg nun doch nicht autofrei werden. Durch diese Fehlentscheidung entsteht ein attraktiver Rundkurs für Elterntaxis über nördlichen Meilinger Weg und östlichen Steinebacher Weg, sodass mit erheblichen Gefährdungen von zu Fuß gehenden und radelnden Schulkindern zu rechnen ist. Zudem liegen sowohl die offiziellen wie auch die inoffiziellen Elterntaxihaltestellen wesentlich näher am Schulgebäude als der selbst vom ADAC empfohlene Mindestabstand von 250 Metern.

Es ist freilich nicht ungewöhnlich, dass ein bayerischer Gemeinderat aus der Windschutzscheibenperspektive entscheidet. Im Fall der Grundschule kommt jedoch hinzu, dass auch der Verkehrsplaner in erster Linie die Belange des Kraftverkehrs im Blick hatte, anstatt nach kindgerechten Lösungen zu suchen. Dies zeigte sich insbesondere in seiner ablehnenden Haltung zur Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereichs im westlichen Steinebacher Weg sowie von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) als Querungshilfen für die Schulkinder.

Fazit

Insgesamt ist die Verkehrsplanung der neuen Schule weder hinsichtlich Schulwegsicherheit noch bezüglich nachhaltiger und menschenfreundlicher Mobilität zukunftsweisend. Denn eine Gestaltung des öffentlichen Raums, durch die Kraftverkehr höchste Priorität genießt und schwache Verkehrsteilnehmer:innen wie Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und insbesondere Kinder an den Rand gedrängt werden, läuft der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung zuwider und ist somit ein Auslaufmodell. Nicht verkehrsgerechten Kindern, sondern kindgerechtem Verkehr gehört die Zukunft.

Erste Kidical Mass Weßling

Am letzten Samstag fand die erste Kidical Mass in Weßling statt. Bei sehr schönem Wetter demonstrierten 89 Kinder, Eltern und Großeltern für kinder- und fahrradfreundliche Mobilität in der Gemeinde Weßling. Höhepunkt war ein Radldemonstrationszug entlang der wichtigsten Schulwege zur neuen Grundschule. Anschließend sprach Dr. Tassilo Wanner in einer bewegenden und persönlichen Rede über Rücksicht und Nachhaltigkeit im Straßenverkehr. Nach der Kundgebung sorgte eine Hüpfburg für große Begeisterung bei den Kindern.

Die Kidical Mass fand an über 200 Orten in 15 Ländern statt. Übergeordnetes Ziel ist ein kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht. So entspringt die Kidical Mass der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung, nach der nicht mehr länger die Schwachen auf die Starken Rücksicht nehmen müssen, sondern die Starken auf die Schwachen achten. Von diesem Paradigmenwechsel ist der Straßenverkehr in Deutschland freilich noch meilenweit entfernt.

Außerdem wurden vier Forderungen für die Mobilität in der Gemeinde Weßling gestellt:

  1. Sichere Schulwege ohne Gefährdung der Kinder durch Kfz-Verkehr, besonders auch im Hinblick auf das neue Schulhaus
  2. Verkehrsberuhigte Bereiche in Wohnstraßen, sonst generell Tempo 30 innerorts
  3. Zügige Verwirklichung der Geh- und Radwege zwischen Oberpfaffenhofen und Unterbrunn sowie zwischen Hochstadt und Unering
  4. Vermehrte Schaffung von sichereren Straßenübergängen z. B. in Form von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen)

Die in den vergangenen Monaten entwickelte, primär an den Belangen des Kfz-Verkehrs orientierte Verkehrsplanung im Bereich der neuen Schule zeigt deutlich, dass auch vor Ort noch dicke Bretter zu bohren sind. Daher ist gut möglich, dass es weitere Kidical-Mass-Aktionen in Weßling geben wird.

Konstruktive Freinacht in Hochstadt

In der Weßlinger Straße in Hochstadt wurde am 1. Mai ein neuer einseitiger Schutzstreifen für Radfahrer:innen entdeckt. Offenbar handelt es sich dabei nicht um eine offizielle Verkehrsregelung, sondern um einen konstruktiven Freinacht-Scherz – danke für die Anregung!

Etwa vier Wochen zuvor war in der Gautinger Straße ein amtlicher Schutzstreifen markiert worden. Sicherlich besteht auch in der Weßlinger Straße der Bedarf für ein Angebot für den Radverkehr. Ein einseitiger Schutzstreifen ist allerdings nur auf ansteigenden Straßen begründbar, und für beidseitige Schutzstreifen ist die Weßlinger Straße leider nicht breit genug. Denkbar wäre hier eher, den Gehweg auf 2,5 m zu verbreitern und für den Radverkehr freizugeben. Auf diese Weise könnte eine der beiden Lücken der nicht nur für Grundschüler:innen benötigten Radroute zwischen Hort und neuer Schule geschlossen werden. Allerdings ist die zweite Lücke zwischen Vereinsheim und Ettenhofener Straße schwieriger behebbar, und die Zuständigkeit entlang der gesamten Kreisstraße STA 6 liegt nicht bei der Gemeinde, sondern beim Landratsamt.

Erster Fahrradschutzstreifen in der Gautinger Straße

In der vergangenen Woche wurde in der Gautinger Straße zwischen der Unteren Seefeldstraße (Apotheke) und dem Adelbergweg ein einseitiger Fahrradschutzstreifen markiert. Der Schutzstreifen wurde am 23. Februar 2021 vom Gemeinderat beschlossen, am 11. März 2022 erließ das Verkehrsmanagement des Landratsamts die verkehrsrechtliche Anordnung, und die Umsetzung erfolgte durch das Staatliche Bauamt Weilheim.

Den aktuellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen entsprechend weist der Schutzstreifen eine Breite von 1,50 m auf, sodass eine Restfahrbahnbreite von 4,50 bis 4,80 m verbleibt. Er wurde nur einseitig in Richtung Oberpfaffenhofen eingeführt, weil die Fahrbahn für eine beidseitige Ausführung nicht breit genug ist, und weil bergauf wesentlich größere Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Kfz- und Radverkehr auftreten als bergab.

Objektiv betrachtet bieten Fahrradschutzstreifen im Vergleich zu anderen Arten von Radverkehrsanlagen keinen großen Sicherheitsgewinn. Unter Umständen können sie Kraftfahrer:innen gar dazu verleiten, sich alleine an der Markierung zu orientieren und somit den vorgeschriebenen Mindestüberholabstand von 1,50 m zu unterschreiten. Doch eine bessere Art der Radverkehrsführung ist in der Gautinger Straße nicht realisierbar, und insbesondere von weniger routinierten Radler:innen werden Schutzstreifen subjektiv sicherer empfunden und laden daher zur vermehrten Fahrradnutzung ein.

Wir hoffen, dass sich dieser Effekt auch auf der Gautinger Straße zeigen wird, und dass sich die neue Verkehrsregelung bewährt und etabliert. Ein weiterer einseitiger Schutzstreifen ist am östlichen Ende der Gautinger Straße geplant.

15-Minuten-Gemeinde Weßling

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Ende der 50er Jahre wurde die autogerechte Stadt- und Raumplanung entwickelt. Sie ist durch räumliche Trennung der Bedarfe Wohnen, Einkaufen, Arbeit und Freizeit gekennzeichnet und sieht vor, dass die damit verbundenen Mobilitätsbedürfnisse durch Pkw-Verkehr befriedigt werden. Seither verbreitete sich dieses Konzept so erfolgreich, dass es uns heute völlig normal erscheint. Indes nahm unsere Abhängigkeit vom Auto in frappierendem Maße zu: Legten die Menschen in Deutschland im Jahr 1960 noch durchschnittlich 11 km am Tag zurück, waren es 2017 39 km. Die Anzahl der Pkw wuchs unterdessen von 4,4 Mio auf heute über 48 Mio. Der damit verbundene CO2-Ausstoß und Ressourcenverbrauch sprengt längst die planetaren Grenzen – und Ortskerne ertrinken im Kfz-Verkehr.

Weil es so nicht weiter gehen kann, setzt Paris sehr konsequent auf das kluge und attraktive Konzept der 15-Minuten-Stadt. Dieses sieht vor, dass alle Grundbedürfnisse innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad von der Wohnung aus erfüllt werden können. Beste Voraussetzungen also für nachhaltige Mobilität und hohe Lebensqualität durch ein über viele Jahrhunderte bewährtes Prinzip, welches in den letzten Jahren durch die Megatrends Onlineshopping und Homeoffice wieder leichter realisierbar geworden ist.

Wie stehen die Chancen in der Gemeinde Weßling? In 15 Minuten können fast alle Wege im Gemeindegebiet mit dem Fahrrad oder Pedelec zurück gelegt werden. Und abgesehen von Weichselbaum sind innerhalb der Ortsteile zentrale Ziele binnen einer Viertelstunde zu Fuß erreichbar. Für Erholung und Sport steht attraktive Natur zur Verfügung. Wir hätten also eine ziemlich perfekte 15-Minuten-Gemeinde, wenn es in jedem Ortsteil Einkaufsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und genügend viele Arbeitsplätze gäbe – wie es vor der autogerechten Stadtplanung selbstverständlich war. Dem Ideal kommen wir heute nur noch bei den Kitas nahe. Bei anderen Bedarfen sieht es hingegen vor allem in Hochstadt und Weichselbaum mau aus. Discounter und Gewerbegebiete auf der grünen Wiese, aber auch die neue Grundschule am westlichen Ende der Gemeinde sind in diesem Sinne offenkundig kontraproduktiv.

Fazit: Bei der Ortsentwicklung sollten wir enkeltaugliche Mobilität stets mitdenken.

Willkommen in Weßling

Eigentlich sollte dieser Beitrag Anfang Mai veröffentlicht werden, aber die extrem fahrradunfreundliche Baustellenbeschilderung im Meilinger Weg hätte ihn damals zur Farce werden lassen – deshalb nun mit einem Vierteljahr Verspätung.

Wer öfters auf unbekannten Wander- oder Radwegen unterwegs ist, kennt das Phänomen: Eine neue Ortschaft ist erreicht, aber es ist unklar welche. Straßen für den Kfz-Verkehr sind stets mit Ortstafeln ausgestattet, Wege für aktiv mobile Menschen hingegen oft nicht. So auch der in den Meilinger Weg führende Geh- und Radweg aus Richtung Herrsching, von dem aus die Ortstafel der parallel verlaufenden Hauptstraße nicht einsehbar ist.

Seit Mai gehört diese Beschilderung aus Windschutzscheibenperspektive der Vergangenheit an. Auf Höhe des Skaterplatzes wurde eine spezielle Ortstafel für den Fuß- und Radverkehr installiert, die dem offiziellen Verkehrszeichen 310 ähnelt, aber hinsichtlich Abmessungen und Farbgebung der Radwegweisung zuzuordnen ist – sehr schick!

Auch an der nördlichen Ortseinfahrt aus Richtung Gilching gibt es gute Neuigkeiten: Nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit Landratsamt und Straßenbauamt ist es endlich gelungen, die Furt des Geh- und Radwegs an der Einmündung Nelkenweg rot zu markieren. Denn was andernorts selbstverständlicher Standard ist, findet bei den für den Landkreis STA zuständigen Behörden nur ausnahmsweise Zustimmung. So wurde beispielsweise argumentiert, die Rotmarkierung sei gefährlich rutschig, in der StVO nicht vorgesehen oder wegen ausreichender Sicherheit einfach unnötig. Erfreulicherweise gehören diese Diskussionen nun der Vergangenheit an, denn nun sind alle vier kritischen Furten (Nelkenweg, Buchenweg, Neuhochstadter Straße, Aldi) in der Gemeinde Weßling rot markiert.