Archiv der Kategorie: Fahrradfreundliche Gemeinde

Infos und Aktionen zum Projekt: Weßling auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde

Rückenwind für den Radverkehr

Lastenpedelec LaRa 1 mit Anhänger im Einsatz

Im ersten Quartal 2021 hat der Gemeinderat Weßling einige Entscheidungen getroffen, die den Fuß- und Radverkehr voran bringen.

Geschwindigkeitsbeschränkung Grünsinker Straße

Seit die Grünsinker Straße für den Durchgangs-Kfz-Verkehr gesperrt ist, wird sie überwiegend von Fußgänger:innen und Radler:innen genutzt. Bei schönem Wetter lässt sich erfreulicherweise beobachten, wie Menschen zahlreich die ehemalige Staatsstraße zurück erobern. Allerdings handelt es sich baulich und rechtlich nach wie vor um eine Landstraße, auf der 100 km/h schnell gefahren werden kann und darf.

Der Gemeinderat sprach sich am 19. Januar mit großer Mehrheit für eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus. Zwischen Ortstafel und Waldrand soll auf 60 km/h und im Wald auf 30 km/h, jeweils mit Zusatzzeichen „Achtung Fußgänger“ beschränkt werden. Diese Maßnahme erfordert allerdings noch eine Zustimmung vom Landratsamt, welche leider nicht selbstverständlich ist.

Schutzstreifen Gautinger Straße

Die nordwestliche Gautinger Straße ist zwischen den Einmündungen Hauptstraße und Adelbergweg durchwegs mindestens 6,0 m breit. Damit ist genug Platz für die Einrichtung eines einseitigen Fahrradschutzstreifens vorhanden. Diese Maßnahme ist sinnvoll in Richtung Oberpfaffenhofen, weil aufgrund der Steigung besonders große Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Radler:innen und Kfz auftreten. Der Gemeinderat befürwortete diesen Vorschlag am 23. Februar einstimmig.

Mit dem Beschluss ist ein erster wichtiger Schritt getan. Die Maßnahme muss aber noch durch das Landratsamt genehmigt werden. Die Chancen dafür stehen wahrscheinlich nicht schlecht, weil der Landkreis zurzeit die Einrichtung von Schutzstreifen forciert.

Unterführung Mitterwiese

Unterbrochener Wirtschaftsweg an der Mitterwiese

Durch den Bau der Umfahrung Weßling wurde der bei Wander:innen und Radler:innen sehr beliebte Waldweg von Weßling nach Steinebach über die Mitterwiese und den Golfplatz durchtrennt. Seitdem muss der Radverkehr 120 m auf der Umfahrung fahren und dann nach links abbiegen, um auf die andere Seite zu kommen – lebensgefährlich bei zulässigen 100 km/h für den Kraftverkehr. Der Gemeinderat sprach sich am 23. Februar einstimmig und mit Nachdruck dafür aus, den Bau einer Unterführung für den Fuß- und Radverkehr anzugehen (Artikel Süddeutsche und Merkur).

Auch in dieser Sache ist eine Umsetzung durchaus wahrscheinlich, denn niemand hat sich bisher dagegen ausgesprochen, und für das Vorhaben kann voraussichtlich eine hilfreiche Förderung beantragt werden.

Förderprogramm für Lastenräder und Fahrradanhänger

Förderprogramme für Lastenräder und Fahrradanhänger werden von vielen Kommunen angeboten und erfreuen sich bei Bürgerinnen und Bürgern großer Beliebtheit. Diese Maßnahmen haben den Charme, dass sie tatsächlich das Potenzial haben, Autofahrten bzw. Zweit- und Drittwagen zu ersetzen. Das wird mit jeder Fahrt sichtbar gemacht, sodass sich solche Förderprogramme selbst verstärken.

Am 17. März beschloss der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Mobilität mit deutlicher Mehrheit, auch in der Gemeinde Weßling Lastenräder (Zuschuss 500 €) und Fahrradanhänger (150 €) zu fördern.

Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen

Ebenfalls am 17. März wurde einstimmig beschlossen, dass die Gemeinde der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern (AGFK) beitritt und somit eine Zertifizierung als fahrradfreundliche Gemeinde anstrebt. Dieses Ziel vor Augen wird in den kommenden Jahren sicherlich hilfreich und motivierend sein.

Kreuzung Meilinger/Steinebacher Weg

Fahrradfreundlichere Vorfahrtsregelung an der Kreuzung Meilinger/Steinebacher Weg

Es kommt selten vor, dass eine Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs im Konzept für das Alltagsradroutennetz STA enthalten ist und sowohl vom Landratsamt, als auch von der Verkehrspolizei ausdrücklich begrüßt wird. Dies ist der Fall an der Kreuzung Meilinger/Steinebacher Weg, wo der Radverkehr auf der Radroute Herrsching-München mit höchster Priorität auf einer Fahrradstraße geführt wird. Alles spricht daher dafür, den Meilinger Weg zu bevorrechtigen oder wenigstens die Stop-Beschilderung durch „Vorfahrt gewähren“ zu ersetzen.

Aus schwer nachvollziehbaren Gründen fand diese Lösung am 19. Januar aber keine Mehrheit im Gemeinderat. Weil sich die Beschilderung durch den Bau der Grundschule mittelfristig sowieso ändern wird, ist diese Fehlentscheidung aber verschmerzbar.

Insgesamt gibt es zurzeit in der Gemeindepolitik also viel Schwung für den Radverkehr. Damit die Maßnahmen umgesetzt werden, müssen allerdings noch die übergeordneten Behörden mitspielen und die Gemeindeverwaltung ihre Hausaufgaben machen. Wir drücken die Daumen, dass das in allen Fällen gelingt!

Windschutzscheibenperspektive

Die Straßenausstattung der Gemeinde Weßling hat häufig alleine den Kraftverkehr im Blick. So wird der verträgliche, nicht motorisierte Verkehr nicht nur durch die überholte Straßenverkehrsordnung, sondern zusätzlich aufgrund ihrer autozentrierten Umsetzung benachteiligt. Dabei werden Fußgänger:innen und Radler:innen sicherlich nicht bewusst diskriminiert, sondern aufgrund subjektiver Wahrnehmung in den zuständigen Behörden unabsichtlich übersehen. So bleibt im Unterbewusstsein der Verkehrsteilnehmer:innen der Kraftverkehr das Maß der Dinge – und die soziale Inklusion nicht motorisierter Menschen ist nicht gewährleistet.

Wo bin ich?

Wer zu Fuß oder mit dem Radl auf dem Geh- und Radweg aus Richtung Delling kommt, erspäht zunächst links Sportstätten, um dann nach einem Gefälle mit einem Stop-Verkehrszeichen in unserer Gemeinde begrüßt zu werden. Da es keine Ortstafel gibt tappen Ortsfremde im Dunkeln, in welchem Ort sie sich befinden. Es versteht sich von selbst, dass an der parallel verlaufenden Hauptstraße eine Ortstafel steht, die allerdings vom Meilinger Weg aus nicht einsehbar ist.

Am Ende der Welt

Die Grünsinker Straße ist hinter der Grünsinker Kapelle für den Kfz-Verkehr gesperrt, stellt aber eine bedeutende Radverkehrsverbindung nach Etterschlag und Schluifeld/Steinebach dar. Dennoch fehlt auf der Ortstafel an der Weßlinger Ortsausfahrt die Angabe der nächsten Ortschaft – die Beschilderung erfolgte offenbar allein aus Sicht des hier eigentlich unbedeutenden Kraftverkehrs.

Radweggenehmigungspflicht

Wer dennoch weiter in Richtung Grünsink radelt, trifft auf das Verkehrszeichen „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ mit Zusatzzeichen „Durchfahrt nur mit Genehmigung“. Das macht zwar aus Windschutzscheibenperspektive Sinn, doch für Radlerinnen und Radler ist völlig rätselhaft, warum sie eine Genehmigung für die Durchfahrt brauchen und wie sie diese bekommen können.

Geheimnisvolle Straßennamen

An der Ortsausfahrt in Richtung Gilching auf Höhe der Einmündung Nelkenweg geht die Hauptstraße in die Münchener Straße über. Wie üblich werden hier die Verkehrsteilnehmer:innen mit entsprechenden Straßennamensschildern informiert. Diese sind allerdings einseitig ausgeführt, sodass sie nur für den Kfz-Verkehr ablesbar sind. Benutzer:innen des stark frequentierten Geh- und Radwegs wurden einmal mehr nicht berücksichtigt.

Spieglein, Spieglein

Im Leitgarten befindet sich an der Einmündung in die vorfahrtsberechtigte Hochstadter Straße ein Verkehrsspiegel, der die Sicht in Richtung Süden verbessert. Obwohl vom gegenüber liegenden Ende des Weges zur Ettenhofener Straße die Sichtbeziehung nach Norden noch wesentlich schlechter ist, suchen Fußgänger:innen und Radler:innen dort vergeblich nach einem Verkehrsspiegel. Anscheinend sind nur motorisierte Verkehrsteilnehmer:innen diesen Aufwand wert.

Richtungsweisend

Als die Bahnhofstraße zur Einbahnstraße erklärt wurde, war der Radverkehr von Beginn an auch in Gegenrichtung zugelassen – sehr gut! Allerdings wurden dieses Jahr zur Verdeutlichung bzw. Erinnerung Richtungspfeilmarkierungen ergänzt, die einmal mehr völlig sinnfrei für den Radverkehr sind.

Auch die Beschilderungen zur vorgeschriebenen Fahrtrichtung in sämtlichen Einmündungen sind für Radler:innen einfach Nonsens.

Diese Beispiele belegen nicht nur, dass auch in der Gemeinde Weßling unter Verkehr häufig nur Kraftverkehr verstanden wird. Sie verdeutlichen auch, wie bedeutsam die Einrichtung der ersten Fahrradstraße ist, denn sie stellt ein klares Bekenntnis zum Ziel „nichtmotorisierter Verkehr wird bevorzugt“ aus dem Leitbild der Gemeinde dar. Insofern besteht Hoffnung, dass die genannten Mängel in absehbarer Zeit beseitigt werden.

Neue Rekorde für Weßling beim STAdtradeln

Seit 2011 nimmt die Gemeinde Weßling an der Klimaschutzaktion Stadtradeln teil. Wegen der Corona-Krise war vorab ungewiss, wie in diesem Jahr die Beteiligung ausfällt. Jetzt steht fest: auch in unserer Region hat das Virus den Radverkehr erheblich beflügelt.

STAdtradel-Ergebnisse seit 2011

In den drei Wochen vom 21. Juni bis 11. Juli radelten für unsere Gemeinde 450 aktive Teilnehmer:innen in 27 Teams 104.824 Kilometer weit. Damit wurde der Rekord von 93.374 km aus dem Jahr 2018 deutlich übertroffen. In der Wertung Kilometer pro Einwohner:in erzielte Weßling mit 19,14 km einmal mehr das mit Abstand beste Ergebnis im Landkreis.

Eine große Überraschung gab es in der Kategorie Parlamentarier:innen-Kilometer, in die nur Gemeinderät:innen und Bürgermeister:innen eingehen. Mit einer Beteiligung von 13 von 21 = 62 % und 2943 gefahrenen Kilometern war Weßling erstmalig auch hier die Nummer eins im Landkreis. Das ist wirklich erstaunlich, denn vor zwei Jahren landeten die Weßlinger Kommunalpolitiker:innen noch auf dem letzten Platz. Hier zeigt sich die Wirkung eines vorbildlich und mitreißend voraus radelnden Bürgermeisters und das kooperative Miteinander im neu gewählten Gemeinderat. Wir sind begeistert – weiter so!

Alle STAdtradel-Ergebnisse gibt es hier.

Wie funktionieren Fahrradstraßen?

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute mit Aktualisierungen

„Nichtmotorisierter Verkehr ist bevorzugt” lautet eines der Ziele des Leitbilds der Gemeinde Weßling. Mit der Eröffnung der ersten Fahrradstraße am 21. Juni wurde endlich ein deutlicher Fortschritt in diese Richtung erzielt. Die gesamte Schulstraße, das südliche Ende des Walchstadter Wegs und der Meilinger Weg werden dann mit dem Verkehrszeichen „Fahrradstraße” und dem Zusatzzeichen „Kraftfahrzeuge frei” beschildert. Damit ändern sich die Verkehrsregeln laut StVO wie folgt:

  1. Für alle Fahrzeuge gilt Tempo 30 als zulässige Höchstgeschwindigkeit.
  2. Das Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern ist ausdrücklich erlaubt.
  3. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kfz-Verkehr die Geschwindigkeit weiter verringern.

Alle anderen Verkehrsregeln ändern sich durch die Erklärung zur Fahrradstraße nicht. Insbesondere gilt weiterhin das Rechtsfahrgebot, und Kraftfahrzeuge dürfen Radfahrende überholen, wenn sie dabei den seitlichen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern und Tempo 30 einhalten. Unverändert bleiben außerdem Parkflächen sowie Vorfahrtsregelungen an Einmündungen und Kreuzungen. Allerdings wurde die Vorfahrt an der Kreuzung mit der Grünsinker Straße bereits geändert, und bei Eröffnung der Fahrradstraße wurden auch die Regelungen an den beiden Einmündungen in den Walchstadter Weg angepasst, sodass der Radverkehr Vorfahrt genießt.

Verlauf der ersten Weßlinger Fahrradstraße mit geänderten Vorfahrtsregelungen

In Fahrradstraßen ist die Fahrbahn in erster Linie zum Radeln da. Kraftfahrzeuge spielen nur eine Nebenrolle. Sie sind verpflichtet, ihre Geschwindigkeit zu verringern und besonders rücksichtsvoll zu fahren. So machen Fahrradstraßen das Radeln sicherer und attraktiver. Gleichzeitig entschleunigen und verringern sie den Kfz-Verkehr, sodass die Lebensqualität steigt und die Umweltbelastung sinkt.

Um unserem Leitbild durch Fahrradstraßen näher zu kommen, müssen alle Verkehrsteilnehmer nicht nur die Verkehrsregeln kennen, sondern auch bewusst und uneigennützig umsetzen. Helfen Sie mit, die neue Fahrradstraße zum Erfolgsmodell zu machen!

Verkehrswende in Zeitlupe

Die Änderung der Vorfahrtsregelung Schulstraße/Grünsinker Straße ist ein Vorbote der Widmung zur Fahrradstraße – und der einzige Verkehrswende-Fortschritt in der Gemeinde seit mehr als einem Jahr.

Als sich die Mobilitätswende Weßling im Herbst 2012 formierte, waren die Begriffe Verkehrswende und Mobilitätswende noch weitgehend unbekannt. Heute ist das Thema ein Dauerbrenner in den Medien. Durch diskursprägende Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion hat sich der Trend in den vergangenen Monaten weiter verstärkt. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass ein weiter so – insbesondere im Mobilitätsbereich – unmöglich ist und die Weichen so schnell wie möglich auf Nachhaltigkeit gestellt werden müssen. Denn der gigantische Ressourcenbedarf, die desaströse Natur- und Umweltbelastung, aber auch die fortschreitende Entwertung des öffentlichen Raums durch massenhafte Kfz-Nutzung sind nicht länger verantwortbar.

Die heutige Situation wurde verursacht durch die große Politik auf Bundes- und Landesebene, in der sich nach wie vor alles und jeder dem Streben nach unendlichem Wirtschaftswachstum unterordnen muss und Konzerninteressen mit höchster Priorität behandelt werden. Das immer wieder offenkundig absurde Agieren des Bundesverkehrsministers in den letzten Monaten lässt weiterhin nicht erwarten, dass sich daran etwas Wesentliches ändern wird. Deshalb kann die Verkehrswende nur auf kommunaler Ebene und durch Verhaltensänderungen von Bürgerinnen und Bürgern Wirklichkeit werden. Die lebenswertesten Metropolen wie Kopenhagen oder Wien führen dies bereits eindrucksvoll vor, aber auch in Berlin und München bewegt sich mittlerweile viel in Richtung nachhaltige Mobilität.

Gebrauchtwagenschau beim Grünsinker Fest: Die Gemeinde lädt weiterhin zur Autonutzung ein.

Wie geht unsere Gemeinde mit dieser Verantwortung um? Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger und Entscheidungen des Gemeinderats stimmen zunehmend hoffnungsvoll. Aber Bürgermeister und Verwaltung fehlen häufig das Verständnis und die Kompetenz, um Maßnahmen im Sinne der Verkehrswende mit der gebotenen Priorität aufzugreifen und umzusetzen. Dabei werden gerne Bedenkenträger aus gleichermaßen rückwärtsgewandten Behörden wie Landratsamt, Straßenbauamt oder Verkehrspolizei ins Feld geführt.

So kommt es, dass einige der vor einem Jahr hier präsentierten Maßnahmen immer noch nicht realisiert wurden: Die am 23. Januar 2018 vom Gemeinderat beschlossene Einrichtung der Fahrradstraßen steht weiterhin aus. Obwohl für die Erneuerung der Fahrradabstellanlagen am Bahnhof seit etwa einem Jahr aufwändig erarbeitete Konzeptplanungen und umfangreiches Knowhow zur Umsetzung und Förderung vorliegen, sind in diesem Projekt keine Fortschritte erkennbar, und Weßling wird schon bald der letzte S-Bahnhof der südwestlichen S8 mit völlig veralteten Radlständern sein. Und auch die am 23. Oktober 2018 beschlossene Erweiterung der Fahrrad- und Rollerabstellanlage am Schulhaus Weßling steckt noch immer in der Verwaltung fest. In anderen Kommunen unserer Region geht das deutlich einfacher und schneller.

Notwendig ist eine allgemeine Verkehrswende, die Umweltschützer seit mindestens vier Jahrzehnten fordern, weg vom Auto als individuellem Massentransportmittel hin zum Fahrrad, zu Bus, Tram und Bahn, um Ressourcen und Flächen zu sparen und das Klima zu retten. Dazu muss der individuelle Autoverkehr massiv zurückgedrängt und beschränkt werden schreibt Peter Bierl in der Süddeutschen Zeitung. Es ist höchste Zeit, den Zeitlupenmodus zu verlassen und den Weg für nachhaltige Mobilität in der Gemeinde Weßling frei zu machen!

Park-Platz statt Parkplatz

Foto: VCD Jena


Die Umverteilung von Flächen im öffentlichen Raum zählt zu den dringensten Maßnahmen der anstehenden Mobilitätswende. Mit der Aktionsserie Park-Platz statt Parkplatz macht das Aktionsbündnis Verkehrswende STA die Flächenverteilung des ruhenden Verkehrs zum Thema.

In urbanen Räumen, welche es auch in den Ortszentren der größeren Kommunen im Landkreis STA gibt, steht ein unverhältnismäßig großer Teil des knappen Raums für das Parken von Pkw zur Verfügung. Diese autogerechte Ortsgestaltung wird noch immer von Einzelhändlern vehement eingefordert und von der Kommunalpolitik wie selbstverständlich umgesetzt.

Urbane Räume sind jedoch für Menschen da. Die Aufenthaltsqualität im Straßenraum entscheidet darüber, ob sich Bürgerinnen und Bürger wohl fühlen oder möglichst das Weite suchen. Attraktive Ortszentren und ein großzügiges Kfz-Stellplatzangebot schließen sich aus. Mit Kraftfahrzeugen zugestellte Parkstreifen zerstören zuverlässig das Ortsbild und verhindern für Menschen, Tiere und Mikroklima bedeutsame Grünflächen.

Wie am weltweiten Park(ing) Day demonstrieren wir in mehreren Landkreiskommunen die Nutzung von zentral gelegenen Parkplätzen als öffentlichen Lebensraum. Wir laden alle sympathisierenden und interessierten Menschen ein, sich zu beteiligen und mit Park-Platz statt Parkplatz ein Zeichen für eine zeitgemäße und faire Verteilung des Verkehrsraums zu setzen.

Weitere Infos gibt es hier.

Radltag im Seehäusl

Die Nachbarschaftshilfe Weßling lädt ein zum Radltag im Seehäusl am Samstag, 6. April von 10 bis 12 Uhr. Die Gäste erwartet ein buntes Angebot rund um das energieeffizienteste und emissionsfreie Verkehrsmittel.

Ein Flohmarkt bietet die Möglichkeit, gebrauchte, nicht motorisierte Fahrzeuge anzubieten oder zu erwerben. Ehrenamtliche Reparateure der Radl Werkstatt stehen mit Rat und Tat für kleinere Reparaturen zur Verfügung. Außerdem werden Einweisungen und Probefahrten für das Lastenpedelec LaRa 1 angeboten. Weitere Infos gibt es hier.

Die Mobilitätswende und die Radl Werkstatt unterstützen die Aktion sehr gerne und hoffen auf viel Zuspruch, sodass sich der Radltag zur regelmäßigen Veranstaltung entwickeln kann.

Die Rückeroberung der Straßen in Weßling

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Seit es Straßen und Plätze in Ortschaften gab, dienten sie als Orte der Begegnung. Der von und für Menschen geschaffene Straßenraum wurde nicht nur zum Gehen und Fahren genutzt, sondern selbstverständlich auch zum Verweilen, für ausgedehnte Gespräche und als Spielplatz für Kinder.

Mit der politisch bis heute massiv geförderten Verfügbarkeit von Kraftfahrzeugen änderte sich die Funktion des Straßenraums innerhalb weniger Jahrzehnte grundlegend. Fußgänger und Radfahrer wurden an den Rand verbannt, und freier Fahrt für freie Kraftfahrer wurde höchste Priorität eingeräumt. Doch diese Entwicklung des öffentlichen Raums zur missgestalteten Todeszone wird von immer mehr Menschen zu Recht in Frage gestellt. Der sich langsam aber sicher durchsetzende Trend zur Rückeroberung der Straßen als Lebensraum wird von Metropolen mit höchster Lebensqualität wie Kopenhagen oder Wien angeführt und ermutigt Kommunen auf der ganzen Welt, die unerträglich gewordenen Gefährdungen und Belästigungen durch hemmungslose Automobilität nicht länger zu akzeptieren.

Auch in unserer Gemeinde hat die Rückeroberung der Straßen längst begonnen. Im Leitbild (Entwicklungsleitlinie 6.1) steht dazu klar und deutlich „nichtmotorisierter Verkehr ist bevorzugt”. Die Umfahrungsstraße wurde mit dem Ziel errichtet, die Hauptstraße als menschlichen Lebensraum zurück zu gewinnen. Außerdem wurde in vielen Gemeindestraßen Tempo 30 angeordnet, um Sicherheit und Aufenthaltsqualität zu verbessern.

Verkehrsberuhigte Bereiche machen Wohnstraßen zu Lebensraum

In Wohnstraßen ermöglicht die StVO mit Verkehrsberuhigten Bereichen (häufig „Spielstraßen” genannt) noch wesentlich weiter gehende Maßnahmen, die der ursprünglichen, menschenfreundlichen Nutzung von Straßen sehr nahe kommen: Hier dürfen sich Fußgänger auf der gesamten Fahrbahnbreite aufhalten und haben Vorrang gegenüber Fahrzeugen, Kinderspiele sind erlaubt, und Schrittgeschwindigkeit darf nicht überschritten werden. Von dieser großartigen Möglichkeit wurde in Weßling bereits im Höhenrainäcker und in Herbststraße/Winterweg Gebrauch gemacht.

Auch die im Januar vom Gemeinderat einstimmig beschlossene Einrichtung zweier Fahrradstraßen belegt eindrucksvoll die Rückeroberung der Straßen in unserer Gemeinde. Denn zweifellos wäre Vorrang für den Radverkehr auf zwei strategisch wichtigen Ortsstraßenzügen noch vor wenigen Jahren nicht mehrheitsfähig gewesen.

Internationales Critical Mass Symbol: Bike fist

Bei fünf Critical-Mass-Aktionen haben in diesem Jahr erstmalig Bürgerinnen und Bürger aus unserer Gemeinde initiativ die Straßen zurück erobert. Critical Mass wurde 1992 in San Francisco erfunden. Seither treffen sich weltweit in vielen Städten monatlich Radler zu gemeinsamen Touren durch ihren Ort und demonstrieren damit für die gleichberechtigte Nutzung des Straßenraums. Hierbei fahren sie gemäß StVO ab 16 Teilnehmern im geschlossenen Verband nebeneinander und gelten somit als ein Fahrzeug.

Mit 29 bis 90 Radlerinnen und Radlern jeden Alters war die Beteiligung ausgesprochen hoch – und die Stimmung freudig und entspannt. Dabei entfaltete die Aktion ihre positive Wirkung weniger durch die Entschleunigung des Kraftverkehrs, sondern viel mehr durch ihren solidarischen und kommunikativen Charakter, der das Bewusstsein für die Rückeroberung der Straßen wirkungsvoll fördert. Wir sind gespannt, ob es im nächsten Jahr wieder Critical Mass in Weßling geben wird…

Rekordergebnis für Weßling beim STAdtradeln

Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse

Nach rückläufigen Ergebnissen in den beiden Vorjahren erzielten die Weßlinger Radlerinnen und Radler beim diesjährigen STAdtradeln ein Rekordergebnis. 435 aktive Teilnehmer in 28 Teams übertrafen mit 93.374 gefahrenen Kilometern selbst das Resultat aus dem Super-STAdtradeljahr 2013.

Damit belegten sie bei den Gesamtkilometern den dritten Platz im Landkreis hinter den deutlich einwohnerstärkeren Kommunen Starnberg und Gauting. In der Wertung Kilometer pro Einwohner liegt Weßling im Landkreis wie immer mit großem Abstand an der Spitze und deutschlandweit auf Rang sechs von 877 teilnehmenden Kommunen. Ebenfalls rekordverdächtig ist das erneut miserable Abschneiden des Weßlinger Gemeinderats, der durch das schlechteste Ergebnis aller Kommunalparlamente im Landkreis auffiel.

Die unerwartet starke Leistung der Weßlinger kann nicht nur durch die günstige Witterung während des dreiwöchigen Aktionszeitraums erklärt werden, denn in fast allen anderen Landkreiskommunen lief es nicht dermaßen gut. Als entscheidende Leistungsträger stechen erfreulicherweise die vielen Firmenteams hervor. Auch das hervorragende Ergebnis des Teams Die Radelnden Superhelden der Grundschule Weßling und die erstmalige Teilnahme der Freiwilligen Feuerwehr Weßling stechen positiv hervor. Nicht zuletzt könnten aber auch das umfangreiche und vielseitige Programm (inklusive Semmelservice) sowie erkennbare Fortschritte auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde für besonders hohe Motivation bei den teilnehmenden Radlerinnen und Radlern gesorgt haben.

Wir danken allen Teamkapitänen und Teilnehmern dafür, dass sie die wachsende Bedeutung des Radverkehrs in unserer Gemeinde einmal mehr so eindrucksvoll demonstriert haben. Mit solchem Rückenwind macht der Einsatz für nachhaltige Mobilität in Weßling Sinn und Freude.

Fortschritte auf dem Weg zur radlfreundlichen Gemeinde

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Die Radlabstellanlage am Bahnhof genügt längst nicht mehr den heutigen Anforderungen.

In vom Kfz-Verkehr geplagten Kommunen können Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit durch fahrradfreundliche Infrastruktur erheblich verbessert werden. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis mobil & lebenswert und durch lobenswerte Unterstützung des Gemeinderats konnte die Mobilitätswende in den letzten Monaten die folgenden Maßnahmen anstoßen, welche große Fortschritte auf dem Weg zur radlfreundlichen Gemeinde darstellen.

Wie bereits in der letzten Ausgabe berichtet, hat der Gemeinderat die Einrichtung zweier Fahrradstraßen „Bahnhof” (vom Sportplatz zum Maibaum) und „Pfarrstadel” (vom Uferweg zur Ettenhofener Straße) beschlossen. Mittlerweile kam auch von der Unteren Verkehrsbehörde grünes Licht, sodass der Umsetzung nichts mehr im Wege steht. Zu Redaktionsschluss war noch nicht bekannt, wann die Gemeindeverwaltung zur Tat schreiten wird.

Exkursion von Mobilitätswende-Aktiven mit
Radlständer-Praxistest.

Der sehnlichste Wunsch der meisten Radlerinnen und Radler in unserer Gemeinde ist sicherlich die Erneuerung der qualitativ und quantitativ unzureichenden Fahrradabstellanlagen am Bahnhof. Nachdem im Februar bekannt wurde, dass der Bahnhof erst 2026 barrierefrei umgebaut wird, und zudem der Fördersatz für Bike+Ride-Anlagen in 2018 auf 75 % erhöht wurde, nahm sich der AK mobil & lebenswert dieser Sache an. Mittlerweile liegen Konzeptplanungen in mehreren Varianten vor, die genügend viele Abstellplätze mit sicherem Stand, ausreichendem Seitenabstand, Rahmenansperrmöglichkeit, Überdachung und Beleuchtung bieten. Nach Abstimmung mit dem Ortsbildbeirat soll der erste Teil der Maßnahmen noch vor der Sommerpause im Gemeinderat beantragt und noch in diesem Jahr realisiert werden. Der zweite Teil ist für nächstes Jahr vorgesehen. Falls möglich sollen die alten Überdachungen für die Flüchtlingsunterkünfte weiterverwendet werden. Drücken Sie mit uns die Daumen, dass alles so klappt!

Auch die Radlabstellanlage des Weßlinger Schulhauses wird demnächst bedarfsgerecht erweitert und aufgewertet. Hier sind zusätzlich 24 Rollerständer und zwölf hochwertige, überdachte Radlständer geplant.

Seit vielen Jahren versucht die Mobilitätswende, einige rotmarkierte Radwegfurten im Gemeindegebiet durchzusetzen. Genauso wie Fußgängerüberwege (Zebrastreifen) werden diese im Landkreis Starnberg allerdings von Landratsamt, Straßenbauamt und Polizei stets mit merkwürdigen Begründungen abgelehnt. Dank ausdauerndem Einsatz der Verwaltung ist es nun endlich gelungen, eine erste Markierung über die Einfahrt zum Aldi anzubringen. Um drei weitere Furtmarkierungen (Buchenweg, Nelkenweg, Neuhochstadter Straße) wird weiter gerungen.

Fehlende Bordsteinabsenkung beim Edeka.

Auch beim Thema Bordsteinabsenkungen tut sich jetzt erfreulicherweise etwas. Die Mobilitätswende hatte 2013 eine priorisierte Liste mit 28 fehlenden Bordsteinabsenkungen im Gemeindegebiet erstellt, von denen in diesem Jahr die wichtigsten barrierefrei umgebaut werden. Davon profitieren nicht nur radelnde und rollernde Kinder, sondern auch behinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen.

Wie die umfangreiche Zusammenstellung zeigt, gibt es in unserer Gemeinde in Sachen Radlinfrastruktur zurzeit viel Bewegung in die richtige Richtung.