Archiv der Kategorie: Fahrradfreundliche Gemeinde

Infos und Aktionen zum Projekt: Weßling auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde

Critical Mass Weßling

Am Abend des 27. April fand die erste Critical Mass in Weßling statt. Bürgerinnen und Bürger radelten bei traumhaftem Wetter gemeinsam für die Rückeroberung der Straßen durch den Ort. Mit mehr als 90 Radlerinnen und Radlern übertraf die Beteiligung die kühnsten Erwartungen bei Weitem.

Auf dem Weg zum Kreisel an der Dellinger Höhe

Die gefahrene Route führte vom Maibaum über die Hauptstraße zum Feuerwehrhaus in der Argelsrieder Straße, in umgekehrter Richtung durch die gesamte Hauptstraße bis zum Kreisel an der Dellinger Höhe, wieder zurück bis zur Einmündung in den Uferweg, dann entlang der geplanten Fahrradstraße Pfarrstadel bis zur Hochstadter Straße und schließlich über die Gautinger Straße zurück zum Maibaum.

Nicht zuletzt durch die entspannte und friedliche Stimmung des zum größten Teil aus Familien rekrutierten Teilnehmerfelds reagierten die allermeisten Kraftfahrer besonnen oder sogar freundlich auf die Aktion. Diese positive Atmosphäre sorgte im Anschluss für viel Zuspruch bei den teilnehmenden Radlerinnen und Radlern.

Critical Mass nach dem Motto „Wir behindern nicht den Verkehr – wir sind der Verkehr!” findet auch in Dachau, Freising, München und vielen weiteren Städten und Gemeinden in Deutschland und auf der Welt statt.

Rendezvous mit LaRa 1

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Etwa die Hälfte aller Pkw-Fahrten ist kürzer als sechs Kilometer. In diesem Entfernungsbereich, der unserem Gemeindegebiet zuzüglich der unmittelbaren Nachbarorte entspricht, kann ein sehr großer Teil des unerträglich gewordenen Kraftverkehrsaufkommens durch Zufußgehen oder Fahrrad- bzw. Pedelecfahren ersetzt werden. In vielen Fällen kommt dennoch das Auto zum Einsatz, weil es den nötigen Transportraum z. B. für Einkäufe oder Kinder bietet. Dieses Problem kann durch Lastenfahrräder elegant gelöst werden.

Hochwertiges Lastenpedelec für Weßling: LaRa 1

Lastenräder sind das bildliche Yes we can des Radverkehrs. Viele Modelle unterstreichen diese Botschaft mit ansprechendem Design und machen ästhetisch Lust auf die Verkehrswende. So auch LaRa 1 (für „LastenRad Nummer 1”), ein hochwertiges Lastenpedelec vom Typ Riese & Müller Packster 60 nuvinci mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h. Auf der ca. 60×60 cm großen Ladefläche können Lasten bis 100 kg oder zwei Kinder bis sechs Jahre transportiert werden; für sie steht eine passende Sitzbank mit Anschnallgurten zur Verfügung. Durch seine zweirädrige Ausführung fährt sich LaRa 1 nach kurzer Eingewöhnung ähnlich wie ein gewöhnliches Pedelec. Der Fahrspaß ist enorm – und der Hinguckfaktor stellt locker jeden Porsche in den Schatten.

Kindertransport mit LaRa 1

LaRa 1 entspringt einer Spende aus dem Umfeld von Mobilitätswende, Radl Werkstatt sowie befreundeter Personen und Firmen. Pflege und Wartung übernimmt das Team der Radl Werkstatt. Seit dem letzten Sommer kann LaRa 1 von Mitgliedern der Nachbarschaftshilfe unkompliziert und kostenlos ausgeliehen werden. Nichtmitglieder sind mit einer Leihgebühr von drei Euro pro Stunde bzw. zehn Euro pro Tag dabei.

Um LaRa 1 zu buchen, können Sie eine E-Mail an lara-1(a)nbh-wessling.de senden oder während der Geschäftszeiten im Büro der Nachbarschaftshilfe anrufen (Tel. 3700) bzw. persönlich vorbei schauen. Die Verfügbarkeit ist in einem Kalender auf der Webseite nbh-wessling.de (unter „Veranstaltungen”) einsehbar. Nach Unterzeichnung eines Leihvertrags, Hinterlegung eines Ausweisdokuments und einer kurzen Einweisung können Sie mit LaRa 1 durchstarten.

Nicht nur Klima-, Natur- und Umweltschutz, sondern auch die Entlastung unserer Mitmenschen von Lärm, Abgasen und Lebensgefahr legen immer dringender nahe, unnötige Kfz-Fahrten zu vermeiden. Mit LaRa 1 erhalten alle Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde ein kostengünstiges Angebot, um verträgliche, attraktive und zukunftsfähige Mobilität zu erfahren. Nutzen Sie diese Chance auf ein Rendevous mit LaRa 1!

Alltagsradroute zwischen Steinebach und Weßling

Der Wirtschaftsweg zwischen Steinebach und Weßling ist eine Route des Alltagsradroutennetzes des Landkreises STA. Da es für diese Verbindung keine brauchbare Alternative gibt, ist sie der Kategorie „Hauptnetz” mit der zweithöchsten Netzbedeutung zugeordnet.

Wie die am Mittwoch dieser Woche fotografierten Bilder deutlich zeigen, ist diese sogenannte Alltagsradroute nach Schneefällen für Tage oder auch Wochen nicht mit dem Fahrrad befahrbar. Während das Kfz-Straßennetz völlig selbstverständlich mit gigantischem Aufwand schnee- und eisfrei gehalten wird, ist Winterdienst auf Wirtschaftswegen ohne befestigte Oberfläche schlichtweg nicht möglich. Dennoch wird im Maßnahmenkataster des Alltagsradroutennetzes für diesen und viele weitere derartige Wege keine Asphaltierung, sondern lediglich eine Verbesserung der unbefestigten Oberfläche vorgesehen – sie sind also mitnichten alltagstauglich und daran wird sich gemäß der aktuellen Planung auch nicht viel ändern.

Im letzten September hatte Dr. Harald Lossau, Gemeinderat der Gemeinde Wörthsee, einen Antrag zur Verbesserung der Radwege im Hauptnetz zwischen Weßling, Wörthsee und Seefeld gestellt. Darin wurde vorgeschlagen, die wichtigen Alltagsradrouten zwischen Steinebach und Weßling sowie zwischen Steinebach und Hechendorf mit einer Spritzdecke (Bitumen mit Split) zu versehen. Dieser Antrag fand aber nur im Gemeinderat Wörthsee eine Mehrheit. Der Weßlinger Gemeinderat lehnte einstimmig ab, weil er die Maßnahme als „nicht notwendig” erachtet und sich „nicht in vielen Kleinprojekten verzetteln” will. Daraufhin vertagte der Seefelder Gemeinderat seine Entscheidung auf unbestimmte Zeit.

Dieses Beispiel zeigt schmerzlich, dass es für die Asphaltierung von Wirtschaftswegen – und damit für die vollumfängliche Realisierung des Alltagsradroutennetzes STA – in der Regel keine politischen Mehrheiten gibt. Der größte Teil der Kommunalpolitiker entscheidet aus der Windschutzscheiben- und Freizeitradlerperspektive und kann die ganzjährige Nutzung von Fahrrädern als Alltagsverkehrsmittel auch außerhalb geschlossener Ortschaften nicht nachvollziehen. Dabei ist ärgerlich, dass keine Bemühungen aus dem Landratsamt erkennbar sind, ähnlich leidenschaftlich wie beim Linienbusverkehr zwischen den Kommunen zu vermitteln und sich für Maßnahmen für das Alltagsradroutennetz einzusetzen. Die Zertifizierung des Landkreises STA als Fahrradfreundliche Kommune verkommt zur Farce – und eine deutliche Erhöhung des Radverkehrsanteils im Rahmen einer überfälligen Verkehrswende bleibt Wunschdenken.

Nicht nur die anhaltende Marginalisierung des Alltagsradverkehrs steht der Umsetzung von interkommunalen Alltagsradverbindungen im Wege, sondern auch einige weitere schwer auflösbare Interessenlagen und Priorisierungen:

  • Naturschützer lehnen eine Flächenversiegelung für Radwege meist ab. Diese Haltung ist nur auf den ersten Blick nachvollziehbar, denn die Asphaltierung bestehender Wirtschaftswege ist nur ein minimaler Eingriff in die Natur, und letztlich führt die resultierende Verhinderung eines attraktiven Radroutennetzes zu Forderungen nach neuen Straßenbauprojekten mit meist unabwendbarer, massiver Naturzerstörung.
  • Grundstückseigentümer erklären sich nicht bereit Grund für den Bau von Radwegen zu verkaufen, weil sie den Kaufpreis als zu niedrig erachten oder sich eine Überschneidung mit bereits genutzten Flächen ergäbe. Nur für den Kfz-Straßenbau und außerhalb des Landkreises STA werden in solchen Fällen Enteigungsverfahren zur Wahrung der Interessen des Gemeinwesens eingeleitet.
  • Landwirte verhindern den Bau von Radwegen, um nicht für deren Reinigung infolge landwirtschaftlicher Verschmutzung verpflichtet zu werden.
  • Gemeinde- und Stadtverwaltungen sprechen sich gegen die Einführung von Alltagsradrouten auf ihrer Flur aus, um dort keinen Winterdienst leisten zu müssen.

Unter diesen Voraussetzungen besteht in absehbarer Zeit wenig Hoffnung auf die erfolgreiche Realisierung des geplanten Alltagsradroutennetzes. Bis ein entsprechender Bewusstseinswandel wie zum Beispiel in den Niederlanden stattfindet, wird sich die Mobilitätswende daher auf innerörtliche Radverkehrsprojekte konzentrieren.

Fotos: Rüdiger Knoblach

Verträglich Pendeln mit dem S-Pedelec

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Seit 1960 hat sich der Kraftverkehr in Deutschland verzehnfacht. Heute werden jährlich unfassbare 600 Milliarden Kfz-Kilometer auf deutschen Straßen zurückgelegt – das 4000-fache der Entfernung zur Sonne. Dabei ist die Autoabhängigkeit in unserer Region besonders ausgeprägt: In der Gemeinde Weßling gibt es mehr Kraftfahrzeuge als volljährige Einwohner. Doch auch hier leben bewusst nachhaltig mobile Menschen wie zum Beispiel Herbert Karzel aus dem Ortsteil Weßling.

Herbert arbeitet im 24 Kilometer und 250 Höhenmeter entfernten Irschenhausen, das mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schlecht erreichbar ist. Ein so weiter Arbeitsweg lässt sich auch kaum regelmäßig mit dem Fahrrad bewältigen. Deshalb nutzt Herbert seit 2010 bevorzugt Pedelecs, zunächst in der normalen Variante, seit 2015 als schnelles S-Pedelec. Mittlerweile hat er damit mehr als 50.000 Kilometer zurückgelegt und radelt an etwa 180 Tagen im Jahr zur Arbeit – dank hochwertiger LED-Beleuchtung und Funktionsbekleidung auch bei Dunkelheit, Kälte, Regen und Schnee.

Herberts Pedelec im Winter

Während gewöhnliche Pedelecs nur bis 25 km/h elektrisch beim Treten unterstützen, hört der eingebaute Rückenwind bei den leistungsstärkeren S-Pedelecs erst bei 45 km/h auf. Da sie verkehrsrechtlich jedoch nicht einem Fahrrad, sondern einem Kleinkraftrad gleichgestellt sind, sind einige wesentliche Unterschiede zu beachten. So sind Führerschein (Klasse AM), Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und Helm verpflichtend vorgeschrieben, während Radwege, Anhänger und Spikereifen nicht benutzt werden dürfen. Wer Pedelecs im Alltag nutzt sollte übrigens einen fähigen Fachbetrieb kennen, weil Reparaturen nicht immer selbst durchgeführt werden können.

Für Herbert überwiegen dennoch die Vorteile, denn mit dem S-Pedelec braucht er für den Weg zur Arbeit inklusive Umziehen und Duschen nur etwa 20 Minuten länger als mit dem Auto. Dieser Unterschied ist freilich geschenkt, weil er sich gleichzeitig viel Zeit und Geld für sportliche Betätigung und Kfz-Unterhalt spart. Das S-Pedelec stellt für Herbert daher das optimale Pendel-Verkehrmittel dar. In der Freizeit ist er hingegen lieber mit Fahrrädern ohne elektrische Unterstützung unterwegs.

Obwohl die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland weniger als zehn Kilometer lange Arbeitswege hat, fahren nur neun Prozent mit dem Fahrrad zur Arbeit. Da ist noch viel Luft nach oben für menschen- und umweltfreundliches Pendeln mit dem Fahrrad, Pedelec oder S-Pedelec. Erfreulicherweise wird dieser Trend von immer mehr Arbeitgebern gefördert, indem sie ihren Mitarbeitern steuerlich begünstigte Diensträder sowie überdachte Fahrradabstellanlagen, Duschen und Umkleideräume anbieten.

Haben Sie schon darüber nachgedacht, Dieselgate, Dauerstau und Parkplatznot hinter sich zu lassen, für Alltagswege vom Auto auf ein ressourcenleichtes Zweirad aufzusteigen und damit einen wirklich wirksamen Beitrag zu Verkehrsberuhigung und Klimaschutz zu leisten? Lassen Sie sich von Herbert inspirieren!

Fahrradstraßen für Weßling

Verkehrszeichen Fahrradstraße mit Freigabe für Kfz-Verkehr

Die Mobilitätswende schlägt vor, in Weßling/Oberpfaffenhofen zwei für den Kraftverkehr freigegebene Fahrradstraßen einzurichten. Solche Straßen dürfen weiterhin mit allen Fahrzeugen benutzt werden. Dabei gilt eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h, und dem Radverkehr wird Vorrang gegenüber dem Kraftverkehr eingeräumt, das heißt Radler dürfen weder gefährdet noch behindert werden und das Nebeineinanderfahren ist ihnen erlaubt. Auf Vorfahrts- und Parkregelungen haben Fahrradstraßen keinen Einfluss.

Die erste, nördliche Fahrradstraße (blau) soll vom Sportplatz über den Meilinger Weg, den Walchstadter Weg, die Schulstraße und die Bahnhofstraße bis zum Maibaum verlaufen. An dieser Route liegen viele wichtige Ziele, die typischerweise mit dem Fahrrad angefahren werden: Der Skaterplatz, der Sportplatz mit Sporthalle, das bestehende und das zukünftige Schulhaus, die Radl Werkstatt, der Kindergarten Regenbogen, der Edeka-Markt mit Poststelle, die Kirche und das Pfarramt Christkönig, die VR-Bank, das Hotel Zur Post, der Bahnhof mit Bücherei und der Marktplatz. Außerdem stellt dieser Weg von Herrsching durch Weßling nach Gilching die wichtigste überregionale Radverkehrsverbindung der Gemeinde dar und wird im Alltagsradroutennetz des Landkreises der höchsten Priorität überregionale Entwicklungsachse zugeordnet. Deshalb sollten auch die Vorfahrtsregelungen an den Kreuzungen Meilinger Weg/Steinebacher Weg und Schulstraße/Grünsinker Straße umgekehrt oder zu rechts-vor-links geändert werden.

Die zweite, südliche Fahrradstraße (grün) soll von der Einmündung des Uferwegs in die Hauptstraße über Kreuzberg und Karpfenwinkel bis zum nordöstlichen Ende der Ettenhofener Straße verlaufen. Diese Route wird von Radlern bereits bevorzugt als Verbindung zwischen den Ortsteilen Oberpfaffenhofen und Weßling genutzt, weil dort die Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist und relativ wenig Kfz-Verkehr herrscht. Darüber hinaus werden in Zukunft vermehrt Kinder mit dem Fahrrad zwischen den Ortsteilen pendeln, weil die Grundschülerinnen und -schüler ab dem kommenden Schuljahr nach Jahrgangsstufen auf die Schulhäuser verteilt werden.

Die Einrichtung von Fahrradstraßen in Weßling klingt dramatisch, doch nüchtern betrachtet würde sich nur wenig ändern. Da auf beiden Routen bereits Tempo 30 gilt (bzw. in der Bahnhofstraße kaum überschritten werden kann), bleibt nämlich als wesentliche Änderung nur die Vorrangregelung für Radler, sofern welche unterwegs sind. So könnte mit minimalem finanziellen Aufwand und ohne bauliche Veränderungen (nur Beschilderung und Fahrbahnpiktogramme) der Radverkehr deutlich gefördert und sicherer gemacht werden. Nebenbei würde auf den beiden vom Verkehrsberuhigungsverein als Schleichwege identifizierten Verbindungen die Attraktivität für den Durchgangs-Kfz-Verkehr abnehmen. Darüber hinaus würde die Gemeinde zum Ausdruck bringen, dass sie eine neue Mobilitätskultur etablieren möchte, bei der der Kraftverkehr nicht mehr immer und überall im Vordergrund steht. Da es sich bei allen vorgeschlagenen Straßen um Gemeindestraßen handelt, ist die Gemeinde auch befugt, sie selbständig entsprechend umzuwidmen.

Obwohl Fahrradstraßen bereits vor 20 Jahren in der StVO eingeführt wurden, gibt es bisher keine einzige im Landkreis STA. Ähnlich wie Fußgängerüberwege (Zebrastreifen) und Geschwindigkeitsbeschränkungen werden sie von den Verkehrsbehörden auf Landkreisebene (Untere Verkehrsbehörde, Straßenbauamt und Verkehrspolizei) stets negativ bewertet, weil sie mit vermeintlichen Einschränkungen für den Kraftverkehr verbunden sind. Offenbar müssen sich dann die Belange von Fußgängern, Radfahrern und Anwohnern in unserem Landkreis in der Regel der freien Fahrt für Kraftfahrer unterordnen. Zeitgemäße Verkehrspolitik sieht anders aus: In München gibt es derzeit insgesamt 60 für den Kraftverkehr freigegebene Fahrradstraßen. Ein aktueller Evaluationsbericht durch externe Gutachter bewertet deren Akzeptanz und Verkehrssicherheit positiv.

Mit der Einrichtung von Fahrradstraßen könnte die Gemeinde Weßling also einen Schritt in Richtung zukunftsfähige, menschen- und umweltfreundliche Mobilität machen und damit im Landkreis vorneweg gehen – nahezu kostenlos und jederzeit einfach revidierbar.

Gemeinderat enttäuscht beim STAdtradeln

Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse

Beim diesjährigen STAdtradeln legten 19 Weßlinger Teams mit 322 Teilnehmerinnen und Teilnehmern 62.241 km mit dem Radl zurück. Trotz der beiden neuen starken Teams OHB System AG und Verkehrsraum fairteilen setzte sich damit der leicht rückläufige Trend aus dem letzten Jahr fort. Wie in den meisten Landkreiskommunen fiel es Koordinatoren und Radlern im siebten Jahr schwer, das Motto Mit neuem Schwung mit Leben zu erfüllen und ein STAdtradel-Fieber wie im Glanzjahr 2013 zu entfachen.

Im Landkreisvergleich liegt die Gemeinde Weßling bei den Gesamtkilometern auf dem beachtlichen dritten Platz hinter Gauting und Starnberg, und in der Wertung Kilometer pro Einwohner mit 11,567 km wieder einsam an der Spitze. Während die Bürgerinnen und Bürger also einmal mehr ihre Freude am Radeln unter Beweis stellten, enttäuschte der Gemeinderat mit nur drei aktiven STAdtradlern, die im Landkreis auf dem zwölften von 14 Plätzen landeten. Dermaßen demonstratives Desinteresse und fehlendes Verständnis für Radverkehrsförderung ist angesichts der weiterhin massiven Verkehrsbelastung im Ort nicht nachvollziehbar.

Die Mobilitätswende dankt allen Teamkapitänen und Radlern fürs Mitmachen, denn nur wenn der Radverkehr deutlich sichtbar wird, kann er in der Kommunalpolitik im erforderlichen Maße Beachtung finden.

Verträglich mobil mit Pedelec und Anhänger

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Trotz S-Bahn-Anschluss mit 20-Minuten-Takt ist Weßling mit 840 Kfz pro 1000 Einwohnern die Kommune mit dem dritthöchsten Motorisierungsgrad im Landkreis. Dieser Wert liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt (572) und selbst den USA (797), und die Tendenz ist immer noch steigend. Doch auch in unserer Gemeinde gibt es Menschen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und ihre Autoabhängigkeit bewusst reduzieren. Wir stellen einige von ihnen vor.

Anna Eibl-Eibesfeldt lebt mit ihrer fünfköpfigen Familie im Ortsteil Weßling. Beide Eltern sind berufstätig und kommen dennoch ohne Zweitauto aus. Stattdessen nutzen sie neben ihrem Pkw ein Pedelec mit zweisitzigem Kinderanhänger. Damit haben sie seit der Anschaffung im Herbst 2015 bereits 4000 km zurückgelegt.

Zuvor hatte Anna ein gewöhnliches Mountainbike benutzt, doch durch das Zusatzgewicht des Anhängers hatten sich Rücken- und Knieschmerzen eingestellt. Beim Pedelec hingegen hilft ein Elektromotor bei Fahrgeschwindigkeiten bis 25 km/h beim Treten: Je nach am Lenker per Tastendruck einstellbarer Unterstützungsstufe muss nur ein Teil der Antriebsleistung von der Fahrerin aufgebracht werden. Das fühlt sich an wie Radeln mit Rückenwind – oder eben ohne die Bremswirkung des Anhängers oder von kräftezehrenden Steigungen.

Mit einer Akkuladung kann Anna je nach Beladung und Unterstützungsstufe 35 bis 85 km weit fahren. Zum Aufladen lässt sich der Akku einfach abnehmen, es wird also keine Ladestation am Abstellplatz benötigt. Übrigens unterscheiden sich Pedelecs straßenverkehrsrechtlich nicht von gewöhnlichen Fahrrädern (gleiche Regeln zur Radwegebenutzung, Anhänger erlaubt, keine Helm- und Versicherungspflicht).

Lastentransporte mit dem Kinderanhänger: Gartenabfall, Großeinkauf, Weihnachtsbaum, TV-Gerät und Kinderfahrrad.

Die Kombination aus Pedelec und Anhänger ist eine kluge Idee: Mit wenigen Handgriffen lässt sich die Kupplung trennen, sodass der Anhänger nur bei Bedarf gezogen werden muss und platzsparender abgestellt werden kann. Dabei eignet sich ein geräumiger Kinderanhänger mit zwei Plätzen nicht nur für Kinder bis sieben Jahre, sondern auch für vielerlei Lastentransporte.

Anna erledigt mit ihrem genialen Gespann zu jeder Jahreszeit nicht nur Kindertransporte und Einkäufe im Gemeindegebiet, sondern auch Alltagsfahrten nach Hochstadt, Gilching und Seefeld. Und wenn sie nach Germering zur Arbeit fährt, schätzt sie es besonders, dort unverschwitzt anzukommen.

Allerdings gibt es auch Schattenseiten, etwa wenn der Akku zu Ende geht und sich das relativ schwere Gefährt dann nur noch recht mühsam fortbewegen lässt. Oder wenn Anna, wie in diesem Januar geschehen, von einem Autofahrer übersehen wird, der ohne die Stopschilder zu beachten mit hoher Geschwindigkeit von der Gautinger Straße in die Hauptstraße einbog und sie nur knapp verfehlte. Dennoch zieht die Weßlingerin eine positive Bilanz: „Die meiste Zeit macht es Spaß, entspannt mich und die Landschaftserlebnisse sind inspirierend.”

In Deutschland sind bereits mehr als drei Millionen Pedelecs im Einsatz. Wenn auch Sie mit einem Pedelec menschen- und umweltfreundlicher mobil werden möchten, empfehlen wir eine Beratung mit Probefahrt im Fahrradfachhandel. Gerne können Sie auch über die Kommentarfunktion Fragen zu diesem Artikel stellen.

Radl Werkstatt Weßling

Jeden Donnerstagabend von 18 bis 20 Uhr hat die Radl Werkstatt geöffnet. In den Garagenräumen auf der Rückseite des ehemaligen Weßlinger Feuerwehrhauses (Walchstadter Weg 4) steht die offene Werkstatt allen Gemeindeeinwohnern zur Verfügung. Wir reparieren gemeinsam Fahrräder und helfen bei Problemen rund ums Radl. Spezielle Werkzeuge und Hilfsmittel für Radlreparaturen (Montageständer, Zentrierständer, Abzieher, Konusschlüssel, Kettenpeitsche u. s. w.) stehen zur Nutzung bereit – bitte nach Möglichkeit Ersatzteile mitbringen.

Gemeinnützige Schrauber in der Radl Werkstatt

Neben technischer Unterstützung leistet die Radl Werkstatt auch einen gemeinschaftlichen Beitrag: Ein Besuch bietet eine gute Gelegenheit, sich mit neuen und alteingesessenen Menschen aus unserer Gemeinde auszutauschen und das Jeder für Jeden zu leben. Außerdem regt Reparieren eine Mentalitätsveränderung an, die für die Schaffung einer breiten Akzeptanz für eine nachhaltige Postwachstumsgesellschaft erforderlich ist.

Die Radl Werkstatt hat eine jahrelange Vorgeschichte: Im Oktober 2014 wurde im Rahmen der dritten Klimaschutzwoche der SoKo Weßling einmalig ein Repair Café durchgeführt, bei dem bereits drei Reparateure der Radl Werkstatt mitwirkten. Als UNSER DORF im Mai 2015 die Gewerkhausidee vorstellte, bot die Mobilitätswende ein Radl-Repair-Café an. Einige Wochen später erreichte die Flüchtlingswelle Weßling und es wurde ein von der Nachbarschaftshilfe koordinierter Helferkreis Asyl gegründet, zu dem die Helfergruppe Radl für Flüchtlinge gehörte. Aus ihr ging im Sommer 2016 schließlich die heutige Radl Werkstatt als Teil des IntegrationsPunkt Weßling hervor. Eine Weiterentwicklung zu einem Repair Café, einer allgemeinen offenen Werkstatt und/oder einem Werkzeugverleih ist denkbar, sofern sich weitere Mitstreiter dafür finden.

Geh- und Radweg nach Etterschlag fertiggestellt

Der hartnäckige Einsatz der Mobilitätswende für eine sichere und alltagstaugliche Radverkehrsverbindung zwischen Weßling und Etterschlag ist von Erfolg gekrönt: Nun steht ein neuer Geh- und Radweg zur Verfügung, der die in Zukunft für den Kfz-Durchgangsverkehr gesperrte Grünsinker Straße mit dem Wirtschaftsweg entlang der Autobahn 96 verbindet. So können Radler und Wanderer die Unterführung an der Autobahnauffahrt Wörthsee nutzen, um ohne lebensgefährliche Überquerung der Westumfahrung nach Schluifeld oder Etterschlag zu gelangen.

Südliche Zufahrt des neuen Geh- und Radwegs

Südliche Zufahrt des neuen Geh- und Radwegs

Der Fuß- und Radverkehr war bei der Planung der Umgehung nicht einfach vergessen worden. Vielmehr wurde in der Planfeststellung bewusst entschieden, dass Radler von der Einmündung Grünsink bis zur Abfahrt Schluifeld (etwa 130 m) die Staatsstraße benutzen und als Linksabbieger verlassen sollen – eine extrem gefährliche und absolut inakzeptable „Lösung”.

Die nun realisierte Trasse stellt eine der drei im letzten Jahr von der Mobilitätswende vorgestellten Möglichkeiten dar. Wie erwartet scheiterte die favorisierte Variante, eine Brücke zur Überquerung der Umfahrung, an der bereits erfolgten Planfeststellung und an den Kosten. Doch immerhin konnte der zweitbeste Vorschlag rechtzeitig umgesetzt werden.

Blick vom höchsten Punkt nach Norden

Blick vom höchsten Punkt nach Norden

Die Radverkehrsverbindung nach Etterschlag und damit auch der Ammersee-Radweg und das Kreisradwanderweg-Netz werden somit sogar sicherer und attraktiver, weil es auf der Grünsinker Straße keinen Kfz-Durchgangsverkehr mehr geben wird. Aber nach Schluifeld bedeutet die neue Wegführung einen Umweg von etwa 690 m, der wahrscheinlich einen Teil der Fußgänger und Radler veranlassen wird, den kürzeren, lebensgefährlichen Weg über die Umfahrung zu nehmen.

Erhöhte Trassierung zur Vermeidung „verlorener Steigungen”

Erhöhte Trassierung zur Vermeidung „verlorener Steigungen”

Das Höhenprofil der ursprünglichen Planung des neuen, ca. 290 m langen Geh- und Radwegs ließ zunächst stark zu wünschen übrig, weil es viele „verlorene Steigungen” enthielt. Die Mobilitätswende machte wiederholt darauf aufmerksam und konnte so erreichen, dass die vertikale Trassierung entschärft wurde, indem sie am nördlichen Ende auf die Höhe der Einmündung in den Wirtschaftsweg erhöht, und an der höchsten Stelle um etwa 1,5 Meter abgeflacht wurde. Nun ist der Höhenverlauf im Vergleich zur nebenan verlaufenden Straße zwar immer noch eine Farce, aber immerhin für untrainierte Radlerinnen und Radler ohne abzusteigen fahrbar.

Unser Bürgermeister Michael Muther und alle anderen an den Entscheidungen und der Umsetzung Beteiligten haben sich für ihre schnelle und unbürokratische Vorgehensweise ein dickes Lob verdient! Die alltagstaugliche Radwegverbindung ist allerdings noch nicht ganz in trockenen Tüchern, weil noch nicht endgültig über den teilweisen Erhalt (min. 2,5 Meter Breite) der Asphaltierung der Straße zwischen Grünsink und der Umfahrung entschieden wurde. Aber auch hier deutet sich erfreulicherweise ein positiver Beschluss an.

STAdtradeln leicht rückläufig

Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse

Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse

Die Gemeinde Weßling hat dieses Jahr zum sechsten Mal am STAdtradeln teilgenommen. Im dreiwöchigen Aktionszeitraum vom 19. Juni bis 9. Juli haben 344 aktive Radlerinnen und Radler in 23 Teams 69.243 km zurückgelegt. Während die bundesweite Aktion Stadtradeln weiterhin stark wächst, sind die Teilnehmer- und Kilometerzahlen in Weßling wie fast im gesamten Landkreis STA leicht rückläufig. Dabei spielten sicherlich das übermächtige Fußballfieber und das durchwachsene Wetter in den ersten beiden Wochen eine Rolle, es ist aber auch eine gewisse STAdtradel-Müdigkeit sowohl bei den Radlerinnen und Radlern, als auch bei den Koordinatoren und Teamkapitänen erkennbar. Und so ist Weßling in der Bundeswertung Fahrradaktivste Kommune mit den meisten Radlkilometern pro EinwohnerIn mit 12,98 km erstmalig nicht unter den ersten drei, aber weiterhin mit Abstand führend im Landkreis.

In diesem Jahr hatte der Landkreis einen Preis von 2.000 € für die Kommune mit dem besten Ergebnis in der Wertung Fahrradaktivstes Kommunalparlament ausgelobt. Während in der Siegergemeinde Inning alle(!) Gemeinderäte mitmachten, ließen sich leider 14 der 21 Räte aus Weßling trotz freundlicher Aufforderung auch dieses Jahr nicht dazu bewegen, mit ihrer Teilnahme am STAdtradeln ein Zeichen für umwelt- und mitbürgerfreundliche Mobilität zu setzen – das ist entäuschend für die vielen ehrenamtlich tätigen STAdtradel-Engagierten im Ort. Allen STAdtradelverweigerern und –kritikern ist übrigens gemein, dass sie keinen konstruktiven Vorschlag für eine wirkungsvollere Aktion zur Förderung des Radfahrens haben.

Aber nach dem STAdtradeln ist vor dem STAdtradeln. Im kommenden Jahr werden die Karten neu gemischt und es besteht die Chance, mit neuen Ideen und Impulsen zu alter Stärke zurückzufinden. Der Anfang vom Ende des fossilen Zeitalters und die immer deutlicher erkennbare Zukunftsunfähigkeit der totalen Autogesellschaft werden den Zielen des STAdtradelns langfristig zum Durchbruch verhelfen – ganz unabhängig vom guten Willen der Weßlinger Gemeinderäte.