Nach jahrelanger Konzeption und Planung beschloss der Gemeinderat am 11. Mai die Verkehrsplanung für die neue Grundschule. Das Ergebnis ist enttäuschend, denn statt kindgerechter und menschenfreundlicher Gestaltung des öffentlichen Raums und nachhaltiger Mobilität steht die uneingeschränkte Nutzung durch Kfz jeder Größenordnung im Vordergrund.
Organisation und Standort
Es ist nachvollziehbar, dass sich der Schulbetrieb durch die Zusammenlegung der Schulhäuser an einen Standort einfacher und effizienter organisieren lässt. Doch hinsichtlich Mobilität entsteht dadurch der gravierende Nachteil, dass die Schule für einen großen Teil der Schüler:innen nicht mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar ist. Dieses Problem wird durch den überhaupt nicht zentral gelegenen Standort am westlichen Ende der Gemeinde noch erheblich verschärft. So widersprechen Einhäusigkeit und Standort diametral dem klugen Konzept der Gemeinde der kurzen Wege, welches eine wichtige Voraussetzung für die notwendigerweise nachhaltige Mobilität der Zukunft darstellt.
Darüber hinaus sind durch die Standortwahl Konflikte mit dem Radverkehr zu erwarten, denn sowohl der Meilinger Weg als auch der Steinebacher Weg stellen hoch priorisierte Radrouten dar, welche zudem im Bereich des neuen Schulhauses abschüssig verlaufen. Sehr gefährlich für Radler:innen ist offensichtlich auch die Situation an der von der Hauptstraße den Meilinger Weg kreuzenden Parkplatzzufahrt für Kfz.
Kfz-Stellplätze und Fahrradabstellplätze
Stellplatzsatzungen wurden erfunden, um die Motorisierung zu fördern. In der Gemeinde Weßling gilt eine Stellplatzsatzung (bzw. die bayerische GaStellV), die diesbezüglich Nägel mit Köpfen macht: Für die Sport- und Grundschulanlagen fordert sie nicht weniger als 113 Stellplätze! Dieses offenkundig absurd hohe Maß wird im Bebauungsplan durch merkwürdige Zahlenspiele auf 71 reduziert, was zufällig der für Parkplätze maximal zur Verfügung stehenden Fläche entspricht. Doch auch damit wird es in Zukunft nahezu jederzeit ein Überangebot an Stellplätzen geben, das Sporttreibende, Eltern und Schulpersonal zur Anfahrt mit dem Auto einlädt.
Deutlich weniger großzügig wurden die Fahrradabstellplätze für die neue Schule geplant. Während an den bisherigen Schulhäusern in Oberpfaffenhofen und Weßling jeweils 36 überdachte Plätze zur Verfügung standen, enthielt die neue Planung nur 24 überdachte und 36 nicht überdachte Plätze. Durch eine nachträgliche Optimierung gelang es immerhin, erstere auf 30 zu erhöhen – was allerdings noch immer einen deutlichen Rückschritt für den Radverkehr darstellt.
Schulweg für Kinder
Das ursprüngliche Verkehrskonzept für die neue Schule ging von einer Vorstudie aus, nach der etwa 70 % der Schulkinder durch den östlichen Steinebacher Weg zur Schule gelangen. Um Gefährdungen durch Kfz-Verkehr zu vermeiden sah es vor, den Abschnitt zwischen Max-Doerner-Weg und der Hauptstraßen-Unterführung für den Kfz-Verkehr zu sperren. Für den Bring- und Holverkehr wurden stattdessen Längsparkplätze auf dem Parkplatz geplant, welcher nur über die Hauptstraße erreichbar ist.
Dieses schlüssige und kinderfreundliche Konzept wurde jedoch vom Gemeinderat mehrheitlich verworfen. Um Umwege für den Kfz-Verkehr zu vermeiden, wird der Steinebacher Weg nun doch nicht autofrei werden. Durch diese Fehlentscheidung entsteht ein attraktiver Rundkurs für Elterntaxis über nördlichen Meilinger Weg und östlichen Steinebacher Weg, sodass mit erheblichen Gefährdungen von zu Fuß gehenden und radelnden Schulkindern zu rechnen ist. Zudem liegen sowohl die offiziellen wie auch die inoffiziellen Elterntaxihaltestellen wesentlich näher am Schulgebäude als der selbst vom ADAC empfohlene Mindestabstand von 250 Metern.
Es ist freilich nicht ungewöhnlich, dass ein bayerischer Gemeinderat aus der Windschutzscheibenperspektive entscheidet. Im Fall der Grundschule kommt jedoch hinzu, dass auch der Verkehrsplaner in erster Linie die Belange des Kraftverkehrs im Blick hatte, anstatt nach kindgerechten Lösungen zu suchen. Dies zeigte sich insbesondere in seiner ablehnenden Haltung zur Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereichs im westlichen Steinebacher Weg sowie von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) als Querungshilfen für die Schulkinder.
Fazit
Insgesamt ist die Verkehrsplanung der neuen Schule weder hinsichtlich Schulwegsicherheit noch bezüglich nachhaltiger und menschenfreundlicher Mobilität zukunftsweisend. Denn eine Gestaltung des öffentlichen Raums, durch die Kraftverkehr höchste Priorität genießt und schwache Verkehrsteilnehmer:innen wie Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und insbesondere Kinder an den Rand gedrängt werden, läuft der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung zuwider und ist somit ein Auslaufmodell. Nicht verkehrsgerechten Kindern, sondern kindgerechtem Verkehr gehört die Zukunft.
Danke für diese zwar ernüchternde, aber sehr treffende Darstellung. In vielen Malwettbewerben von Landratsamt, Gemeinden und Sparkassen sehen wir stets autofreie Orte mit vielen Bäumen, Radwegen und schönen Plätzen, lachenden Planeten und glücklichen spielenden Kindern.
Doch wir sind offenbar noch weit davon entfernt, dass diese schöne Vision konkret in Planung und Ausführung niederschlägt. So wie das bei Euch aussieht, kriegen Gemeinderäte und Planer.innen die Zeichen der Zeit (noch) nicht auf die Straße. Vorm Hirschanger-Kindergarten und der Grundschule in STA haben sie auch so einen Auto-Korso eingerichtet. – Die Schulleitung empfiehlt den Kindern, NICHT mit dem Radl zu kommen, weil es zu gefährlich sei. – Ein Jammer!
Gehen die Eltern bei Euch wenigstens auf die Barrikaden?