Archiv des Autors: Gerhard Hippmann

Zukunftsfähige Mobilität wird vertagt

Leserbrief zum Beitrag Autoverkehr bevorzugt in der Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2015

Ihr Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf: Nicht nur die autolobbyhörige Bundes- und Landespolitik verhindert eine Mobilitätswende. Sondern auch in der Kommunalpolitik wird alles getan, um die Abhängigkeit vom Auto noch weiter zu steigern und wirklich nachhaltige Alternativen zu marginalisieren. Der Neu- und Ausbau von Straßen und Stellplätzen für Kfz blockiert dabei Gremien, Verwaltungen und Haushalte. Natur- und Wasserschutz, Klimakatastrophe und Energiewende, Fuß- und Radverkehr und sonstige Nebensächlichkeiten haben sich unterzuordnen. So wird für punktuelle Verkehrsentlastungen die Schaffung eines autogerechten Landkreises in Kauf genommen und zukunftsfähige Mobilität auf unbestimmte Zeit vertagt.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

STAdtradler gewinnen 2000 €

Landrat Karl Roth und Bürgermeister Michael Muther bei der Preisverleihung

Landrat Karl Roth und Bürgermeister Michael Muther bei der Preisverleihung


Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse

Historie der Weßlinger STAdtradel-Ergebnisse


Wie bereits vom Starnberger Merkur (Weßlinger am radlfreudigsten) und der Süddeutschen Zeitung (Weßling ist spitze) berichtet, schafften 419 Weßlinger Radlerinnen und Radler mit 83.232 km auch in diesem Jahr ein hervorragendes Ergebnis beim STAdtradeln. Landrat Karl Roth hatte für die beste Landkreiskommune in der Wertung Radlkilometer je Einwohner einen Preis von 2.000 € ausgelobt, den die Weßlinger mit großem Abstand gewannen. Das Preisgeld steht nun der Gemeinde für Radverkehrsprojekte zur Verfügung. Im Jahr 2013 hatte Weßling bereits als beste bayerische Kommune eine Fahrradabstellanlage im Wert von über 1.000 € gewonnen.

Trotzdem gibt es weiterhin Stimmen, die das STAdtradeln als nutzloses Gestrampel abtun. Sie haben noch nicht erkannt, dass die mit etwa 5.000 Teilnehmern bei Weitem erfolgreichste Mitmachaktion im Landkreis STA als außerordentlich gut funktionierender Katalysator für die Radverkehrsförderung wirkt. Denn nicht die vermiedenen CO2-Mengen stehen im Vordergrund, sondern die damit einhergehende Werbung für das Radfahren, die Sichtbarmachung des Radverkehrs in der Kommunalpolitik, sowie die Vernetzung der ehrenamtlichen Radlaktivisten im Landkreis. So ist auch die Mobilitätswende Weßling aus dem STAdtradeln hervorgegangen.

Wir danken allen aktiven STAdtradlerinnen und STAdtradlern für ihre großartige Unterstützung und hoffen, dass die Aktion weiterhin so erfolgreich läuft und den Radverkehr in Weßling nach vorne bringt.

Wenn Elektromobilität nur heißt, heutige herkömmliche Zwei-Tonnen-Pkw durch elektrische Zwei-Tonnen-Pkw zu ersetzen, dann sind die dafür verarbeiteten Ressourcen das große Problem. Eine schlecht gemachte Umstellung auf Elektromobilität löst die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme unseres Verkehrssystem nicht.

Aus dem Interview Fixierung auf E-Auto nicht sinnvoll mit Uwe Schneidewind auf Klimaretter.info, 29. Juli 2015.

Radlständer-Vergleichstest 2015

Edeka: Ramponierte Felgenknicker

Edeka: Ramponierte Felgenknicker

Im letzten Jahr führte die Mobilitätswende Weßling erstmalig einen Radlständer-Vergleichstest durch. Dabei wurde der subjektive Eindruck der Weßlinger Radlerinnen und Radler bestätigt: Mit einem Notendurchschnitt von 3,6 und vielen Örtlichkeiten ohne Fahrradabstellanlage lieferte die Gemeinde auch in der systematischen Bewertung ein schwaches Bild.

Ende Mai dieses Jahres machten wir uns erneut zur Erhebung auf, um die zwischenzeitliche Entwicklung festzustellen. Natürlich sind die meisten Radlständer unverändert verfügbar, sodass in diesem Beitrag nur auf die wesentlichen Änderungen zum ausführlichen Test des Vorjahres eingegangen wird.

Öffentliche Radlständer

Kiosk am See: Testsieger

Kiosk am See: Testsieger


Bei den Radlständern für öffentliche Einrichtungen ist ein leicht positiver Trend erkennbar. Am Kiosk am See wurde die erste ADFC-zertifizierte Abstellanlage im Gemeindegebiet in Betrieb genommen. Dank erstklassiger Qualität ist sie mit der Note 1,9 der Testsieger im Jahr 2015. Einziger Wehrmutstropfen ist hier die nicht optimale Ortswahl, wodurch der Ständer bisher nicht so gut wie möglich angenommen wird – es gibt aber bereits Pläne der Gemeindeverwaltung, dieses Manko zu beseitigen.

Auch an der Grundschule Weßling wurden erfreulicherweise zusätzliche Abstellplätze installiert. Damit steht nun eine ausreichende Kapazität zur Verfügung, während Ort, Qualität und fehlender Witterungsschutz nach wie vor zur Abwertung führen.

Zwei Radlständer warten am Bauhof auf ihre Verwendung

Zwei Radlständer warten am Bauhof auf ihre Verwendung


Insgesamt erhöhte sich die Anzahl der Abstellplätze für öffentliche Einrichtungen von 419 auf 446, und der Notendurchschnitt verbesserte sich von 3,5 auf 3,4. Der dringenste Bedarf für mehr und bessere Stellplätze herrscht nach wie vor am Bahnhof, wo aufgrund der bevorstehenden Umgestaltung leider nicht kurzfristig mit großen Fortschritten zu rechnen ist. Aber auch an Spielplatz, Freizeitheim und Wertstoffhof herrscht Handlungsbedarf, weil bislang überhaupt keine Radlständer zur Verfügung stehen. Hier besteht laut Gemeindeverwaltung immerhin Hoffnung, dass sich demnächst etwas tut.

Radlständer für Kunden

Eine enttäuschende Entwicklung stellen wir in der Kategorie für Kunden fest, in der Abstellanlagen für Geschäfte und Praxen gewertet werden. Nach wie vor bieten etwa das Autohaus Widmann (mit Pedelec-Angebot), das Café am See (nach aufwändiger Renovierung), das Eiscafé Roma, die Restaurants Marina und Mediterraneo sowie die Fahrschule U-Drive keine Radlstellplätze an. Gegenüber dem Vorjahr sind außerdem die Abstellanlagen beim Schreibwaren Zeller und Il Cielo Catering verschwunden. Und der wohl meistbenutzte Radlständer für Kunden beim Edeka ist mittlerweile in so schlechtem Zustand, dass nur mehr elf von 16 Stellplätzen benutzbar sind.

So ergibt sich in dieser Kategorie ein Rückgang der Stellplatzzahl von 206 auf 204, und die Durchschnittsnote verschlechtert sich von 3,6 auf 3,7.

Auswertung

Auswertung der Kategorie: Öffentlich

Auswertung der Kategorie: Für Kunden

Auswertung als Tabellendokument

Fazit

In Sachen Radlständer sieht es in Weßling nach wie vor nicht gut aus. Die Idee der Mobilitätswende, durch einen Vergleichstest Inhaber von Geschäften und Praxen zu motivieren, qualitativ und quantitativ ansprechende Fahrradabstellanlagen anzubieten, war nicht erfolgreich. Aber immerhin sind bei den öffentlichen Einrichtungen kleine Fortschritte erkennbar und auch in Zukunft absehbar. Der Weg zur fahrradfreundlichen Gemeinde Weßling bleibt weiterhin lang und mühsam.

Menschliches Maß statt Bleifuß

Leserbrief zum Beitrag Tempolimit ist unzulässig in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Juni 2015

In der SUV-Gemeinde Gauting erzwingen ein paar Vertreter der ewiggestrigen Bleifußfraktion das Recht des Stärkeren, nichtmotorisierte Bürgerinnen und Bürger in maximalem Umfang durch Lärm, Gestank und Lebensgefahr zu belästigen. Ein netter Versuch, die Uhr ein paar Jahrzehnte zurückzudrehen, als noch freie Fahrt für freie Kfz-Lenker propagiert, und das Ideal der autogerechten Stadt verfolgt wurde.

Kommunen auf der Höhe der Zeit gehen längst einen anderen Weg und gestalten den öffentlichen Raum lebenswert, indem sie konsequent die Belange aller Verkehrsteilnehmer sowie der Anwohner berücksichtigen. Dazu gehört selbstverständlich die Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit auf das menschliche Maß von 30 km/h – auch wenn die Straßenverkehrsordnung unserer lobbykratischen Autorepublik noch immer andere Prioritäten setzt.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Fortschritt ohne Durchblick

Leserbrief zum Beitrag Hoffen auf Regen in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Mai 2015

Nepomuk gibt den braven ADAC-Schützen und schwärmt von seinem mobilen Dach über dem Kopf. Auf das diesjährige STAdtradel-Motto „Einander begegnen” geht er freilich nicht ein, sperrt er sich doch lieber in seine geliebte Blechkiste ein und hofft auf Regen.

„Nachdem endlich jeder im Landkreis einen automobilen Untersatz hat”, herrscht bekanntlich allerorts große Begeisterung über Lärm, Gestank und Lebensgefahr durch die fortschrittlichen Kraftfahrer. Aber warum über eine Lösung nachdenken, wenn man selbst Teil des Problems ist?

Da regt sich Nepomuk lieber über Retro-Getue und sinnloses Gestrampel auf und freut sich über Misserfolge beim STAdtradeln. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, seine Windschutzscheibe gewähre nicht immer den nötigen Durchblick.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Hoffen auf Mobilität ohne Zukunft

Leserbrief zum Beitrag Hoffen auf Regen in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Mai 2015

Nepomuk illustriert den weit verbreiteten autoaffinen Landkreisbürger, dessen dringenste Sorgen in Sachen Fortbewegung in der Qual der Wahl zwischen Q7, 911 Cabrio oder gar i8, der ausreichenden Anzahl kostenloser Kfz-Stellplätze im öffentlichen Raum und dem schnellstmöglichen Bau einer Ortsumfahrung bestehen. Die gewaltigen Herausforderungen auf dem Weg zu nachhaltiger Mobilität wird er erst wahrnehmen, wenn die Kosten für seinen nicht zukunftsfähigen Fahrzeugpark explodieren und das Auto seine Funktion als Statussymbol endgültig einbüßt. Dann wird auch Nepomuk die Botschaft des Stadtradelns verstanden haben.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Seit Beginn der Motorisierung sind mindestens 42 Millionen Menschen auf dem Globus durch Straßenverkehr ums Leben gekommen. Verwundet wurden etwa 1,5 Milliarden Menschen.

Das Auto ist nicht nur die größte, sondern auch die einzige Massenvernichtungswaffe, die auf der ganzen Welt geliebt wird.

Aus dem Buch Totalschaden von Klaus Gietinger, 2010.