Große Teile der Gesellschaft haben die existenzielle Bedrohung durch die Klimakrise nicht verstanden und sind auch nicht ansatzweise bereit, das Nötigste dagegen zu tun.
Wie bereits in den Jahren 2015 (ein Jahr vor Eröffnung der Westumfahrung), 2017 (ein Jahr danach) und 2019 (vor der Corona-Pandemie) führte die Mobilitätswende in den beiden Wochen nach den Herbstferien zwei Verkehrszählungen in der Hauptstraße durch. Dabei wurden dieselben Messstellen wie in den Vorjahren gewählt: Vom 7. bis 13. November vor dem Biergarten des ehemaligen Gasthof Zur Post und vom 14. bis 20. November vor Hof Art. In dieser Zeit herrschte überwiegend ruhiges, noch nicht winterliches Herbstwetter. Es gab keine die Messergebnisse wesentlich beeinträchtigende Einschränkungen im umliegenden Straßennetz. Erneut kam das freundlicherweise vom VCD Bayern zur Verfügung gestellte Verkehrszählgerät Sierzega SR4 zum Einsatz.
Der Zeitpunkt der Zählung ist insbesondere deshalb interessant, weil der zeitweise drastische Rückgang des Verkehrsaufkommens durch Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie der Vergangenheit angehörte. Daher kann durch Vergleich mit der letzten Zählung im Herbst 2019 auf pandemiebedingte Änderungen im Mobilitätsverhalten geschlossen werden.
Beim Gasthof Zur Post wurden von Montag bis Freitag durchschnittlich 10.592 Kfz gezählt, das sind 8 % weniger als 2019 (11.524) und 39 % weniger als 2015 (17.301). Bei Hof Art lag die mittlere Kfz-Anzahl werktags mit 9.251 um 15 % niedriger als 2019 (10.939) und 44 % niedriger als 2015 (16.561).
Dabei war der Rückgang gegenüber 2019 nicht gleichmäßig über den Tag verteilt, sondern konzentrierte sich auf die morgendliche Pendler:innenspitze zwischen sechs und neun Uhr. Dieses Phänomen ist wahrscheinlich auf vermehrte Arbeit im Homeoffice zurückzuführen.
Auch bei den durchschnittlichen Geschwindigkeiten gibt es einen positiven Trend. Beim Gasthof Zur Post gingen diese von 41 km/h (2015) über 38 km/h (2017 mit Fahrbahnverengungen) auf 33 km/h (mit Fahrbahnverengungen und Tempo 30) zurück. Bei Hof Art sank der Wert indes nur geringfügig von 46 auf 43 km/h.
Es ist die seit Jahrzehnten vorherrschende Ideologie vom entfesselten Kapitalismus, von unbegrenztem Wachstum und billiger Energie, die uns in die aktuelle Sackgasse geführt hat.
Wir bezahlen heute und zukünftig den Preis unseres Wohlstandes der letzten Jahrzehnte.
„Das ist ja Anna!“ – Wir hatten unser 9-€-Ticket für einen Ausflug nach München genutzt und waren gerade in Starnberg in den 955er Bus eingestiegen, als wir Anna entdeckten, die vor drei Jahren nach Mexiko gezogen war und jetzt zu Besuch in Starnberg weilte. Schnell sprang sie zu uns in den Bus und fuhr spontan mit uns nach Hochstadt. Auch sie hatte ein 9-€-Ticket und brauchte nicht auf Kosten, Zonen oder Ringe zu achten. Dabei hatte es ihr schon vor dem Tarifsystem in München gegraut, als sie in Mexiko abflog.
Ja, so einfach und attraktiv kann Nahverkehr sein! Wir hatten uns jeden Monat das Ticket geholt. Es lohnte sich ja schon bei einer einzigen Fahrt nach München, aber auch bei einem Ausflug mit den Enkelkindern nach Starnberg und einer Städtetour nach Freiburg kam es zum Einsatz, und bei unseren Fahrten ins Sauerland benutzten wir es für die Teilstrecke ab Frankfurt.
Inzwischen quälen wir uns wieder mit M+2 für 10,10 € am Tag und es häufen sich die Hiobsbotschaften zum Nahverkehr: Preiserhöhung um 6,2 %, Fahrpläne werden wegen fehlender Fahrer ausgedünnt, zweite Stammstrecke verteuert und verzögert sich …
Und als Anschlusslösung für das 9-€-Ticket wird ein Ticket für 69 € diskutiert. Das mag sich für manche Berufspendler lohnen, aber doch nicht für Menschen, die eher selten und zudem ganz unregelmäßig Wege mit den Öffentlichen zurücklegen wollen. Dafür bräuchte es günstige Tagestickets, die auch nicht gleich in der ganzen Republik gelten müssten, dafür aber überall zu den gleichen Bedingungen!
1 Tag – 1 Landkreis – 1 € – das wäre es doch! Ich kaufe mir für 1 € eine Tageskarte für den Landkreis und fahre morgens zum Arzt nach Gilching dann weiter zum Einkaufen nach Weßling und schließlich mache ich noch einen Ausflug an den Ammersee. Und wenn ich nach München fahren will, buche ich für 3 € STA, FFB und M und bin den ganzen Tag damit unterwegs. Wer für fünf Landkreise bezahlt hat, darf damit im ganzen Land einen Tag lang den Nahverkehr benutzen. Auf Tarifplänen müssen nur jeweils die Landkreise in der Umgebung in unterschiedlichen Farben und mit den Buchstaben, die jeder vom Autokennzeichen kennt, dargestellt werden. Kinder sind frei, junge Menschen zwischen 15 und 25 sowie ältere ab 75 zahlen die Hälfte.
Anstatt unnötig weite Wege zu fördern, wird die regionale Wirtschaft gestärkt, weil Ziele im eigenen Landkreis am günstigsten zu erreichen sind – für Kunden ebenso, wie für Mitarbeiterinnen. Landkreise, die ein gutes Angebot schaffen, werden von Land und Bund entsprechend gefördert. Die Mittel dafür werden durch den Abbau von Subventionen für den Kfz-Verkehr frei. Wenn dann noch der öffentliche Verkehr zusammen mit Fußgängern und Radfahrern seinen Anteil am Gesamtverkehr von Jahr zu Jahr steigert, so gibt es zusätzliche Mittel. Auf diese Weise ist jeder Landkreis daran interessiert, nicht nur Bus- und Zugverkehr zu verbessern, sondern parallel dazu die Attraktivität für Autofahrten durch das Reduzieren von Parkmöglichkeiten und die Umgestaltung von Verkehrsräumen zugunsten von Fußgängern und Radfahrern zu reduzieren.
Mobilität wird im ganzen Land günstiger, einfacher und umweltschonender – man muss es nur wollen!
In diesem Jahr beteiligte sich der Landkreis Starnberg erstmalig an der Europäischen Mobilitätswoche. Seit 2002 bietet diese Kommunen in Europa die Möglichkeit, ihren Bürgerinnen und Bürgern die ganze Bandbreite nachhaltiger Mobilität vor Ort näher zu bringen. Die Gemeinde Weßling war dabei und veranstaltete am 16. September in Kooperation mit der Mobilitätswende Weßling einen Mobilitätstag.
Am Abend ehrte Bürgermeister Michael Sturm die Gewinner-Teams des STAdtradelns 2022. Nach einem feierlichen Imbiss schloss der Mobilitätstag mit einem von UNSER DORF beigetragenen Kinofilm. Einmal mehr hat sich der Pfarrastadel als ganz besonders vielseitiger und stimmungsvoller Veranstaltungsort erwiesen.
Es ist entwicklungsbedingt unmöglich: Kinder werden nie verkehrsgerecht sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Verkehr kindgerecht gestaltet werden muss. Mindestens im Schulumfeld und bestenfalls mit Ausdehnung im gesamten Gemeindebereich.
Nach jahrelanger Konzeption und Planung beschloss der Gemeinderat am 11. Mai die Verkehrsplanung für die neue Grundschule. Das Ergebnis ist enttäuschend, denn statt kindgerechter und menschenfreundlicher Gestaltung des öffentlichen Raums und nachhaltiger Mobilität steht die uneingeschränkte Nutzung durch Kfz jeder Größenordnung im Vordergrund.
Organisation und Standort
Es ist nachvollziehbar, dass sich der Schulbetrieb durch die Zusammenlegung der Schulhäuser an einen Standort einfacher und effizienter organisieren lässt. Doch hinsichtlich Mobilität entsteht dadurch der gravierende Nachteil, dass die Schule für einen großen Teil der Schüler:innen nicht mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar ist. Dieses Problem wird durch den überhaupt nicht zentral gelegenen Standort am westlichen Ende der Gemeinde noch erheblich verschärft. So widersprechen Einhäusigkeit und Standort diametral dem klugen Konzept der Gemeinde der kurzen Wege, welches eine wichtige Voraussetzung für die notwendigerweise nachhaltige Mobilität der Zukunft darstellt.
Darüber hinaus sind durch die Standortwahl Konflikte mit dem Radverkehr zu erwarten, denn sowohl der Meilinger Weg als auch der Steinebacher Weg stellen hoch priorisierte Radrouten dar, welche zudem im Bereich des neuen Schulhauses abschüssig verlaufen. Sehr gefährlich für Radler:innen ist offensichtlich auch die Situation an der von der Hauptstraße den Meilinger Weg kreuzenden Parkplatzzufahrt für Kfz.
Deutlich weniger großzügig wurden die Fahrradabstellplätze für die neue Schule geplant. Während an den bisherigen Schulhäusern in Oberpfaffenhofen und Weßling jeweils 36 überdachte Plätze zur Verfügung standen, enthielt die neue Planung nur 24 überdachte und 36 nicht überdachte Plätze. Durch eine nachträgliche Optimierung gelang es immerhin, erstere auf 30 zu erhöhen – was allerdings noch immer einen deutlichen Rückschritt für den Radverkehr darstellt.
Schulweg für Kinder
Das ursprüngliche Verkehrskonzept für die neue Schule ging von einer Vorstudie aus, nach der etwa 70 % der Schulkinder durch den östlichen Steinebacher Weg zur Schule gelangen. Um Gefährdungen durch Kfz-Verkehr zu vermeiden sah es vor, den Abschnitt zwischen Max-Doerner-Weg und der Hauptstraßen-Unterführung für den Kfz-Verkehr zu sperren. Für den Bring- und Holverkehr wurden stattdessen Längsparkplätze auf dem Parkplatz geplant, welcher nur über die Hauptstraße erreichbar ist.
Dieses schlüssige und kinderfreundliche Konzept wurde jedoch vom Gemeinderat mehrheitlich verworfen. Um Umwege für den Kfz-Verkehr zu vermeiden, wird der Steinebacher Weg nun doch nicht autofrei werden. Durch diese Fehlentscheidung entsteht ein attraktiver Rundkurs für Elterntaxis über nördlichen Meilinger Weg und östlichen Steinebacher Weg, sodass mit erheblichen Gefährdungen von zu Fuß gehenden und radelnden Schulkindern zu rechnen ist. Zudem liegen sowohl die offiziellen wie auch die inoffiziellen Elterntaxihaltestellen wesentlich näher am Schulgebäude als der selbst vom ADAC empfohlene Mindestabstand von 250 Metern.
Es ist freilich nicht ungewöhnlich, dass ein bayerischer Gemeinderat aus der Windschutzscheibenperspektive entscheidet. Im Fall der Grundschule kommt jedoch hinzu, dass auch der Verkehrsplaner in erster Linie die Belange des Kraftverkehrs im Blick hatte, anstatt nach kindgerechten Lösungen zu suchen. Dies zeigte sich insbesondere in seiner ablehnenden Haltung zur Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereichs im westlichen Steinebacher Weg sowie von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) als Querungshilfen für die Schulkinder.
Fazit
Insgesamt ist die Verkehrsplanung der neuen Schule weder hinsichtlich Schulwegsicherheit noch bezüglich nachhaltiger und menschenfreundlicher Mobilität zukunftsweisend. Denn eine Gestaltung des öffentlichen Raums, durch die Kraftverkehr höchste Priorität genießt und schwache Verkehrsteilnehmer:innen wie Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und insbesondere Kinder an den Rand gedrängt werden, läuft der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung zuwider und ist somit ein Auslaufmodell. Nicht verkehrsgerechten Kindern, sondern kindgerechtem Verkehr gehört die Zukunft.
Den Nutzenden des öffentlichen Verkehrs eine Gratismentalität zu unterstellen, ist mehr als zynisch. Das Auto wird jährlich mit mehr als 50 Milliarden Euro von allen Steuerzahlenden finanziert. Wenn es eine Gratismentalität gibt, dann ist es die, permanent den öffentlichen Raum für das Parken von privaten Autos in Anspruch zu nehmen.
Die aktuellen Krisen lassen erkennen, dass die Zukunft von zunehmender Energie- und Ressourcenknappheit geprägt sein wird. Für unsere Mobilität folgt daraus, dass der Zustand der Übermotorisierung mit privaten Pkw nicht aufrecht erhalten werden kann. Daher ist die gemeinschaftliche Nutzung von Autos sinnvoll und zukunftsweisend.
Am letzten Dienstag wurde das Vorhaben vom Gemeinderat einstimmig beschlossen. Voraussichtlich ab Anfang 2023 wird die Energiegenossenschaft Fünfseenland (EGF) ein Elektroauto (Renault ZOE E-Tech) bereit stellen, das vor dem Rathaus stationiert und geladen wird. Die Gemeindeverwaltung wird das Fahrzeug als „Grundlastnutzer“ vornehmlich während der Dienstzeiten nutzen. In der restlichen Zeit steht es für Carsharing über STATTAUTO, dem größten Anbieter stationsbasierten Carsharings im Raum München mit mehr als 17.000 Teilnehmer:innen und 450 Fahrzeugen, zur Verfügung.
Die Einführung von Carsharing stellt einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltige Mobilität in der Gemeinde Weßling dar. Nun kommt es darauf an, das Angebot zum Erfolg zu machen und sukzessive auszubauen.