Archiv des Autors: Gerhard Hippmann

Verkehrszählung in der Hauptstraße

Messstelle Gasthof Zur Post

Messstelle Gasthof Zur Post

In den beiden Wochen nach den Herbstferien führte die Mobilitätswende Verkehrszählungen an zwei Messstellen in der Hauptstraße durch. Sie erfolgten in der Woche vom 9. bis 15. November vor dem Biergarten des Gasthofs Zur Post und in der Woche vom 16. bis 22. November vor dem Einrichtungshaus Hof Art. Für die Zählung wurde ein freundlicherweise vom VCD Bayern zur Verfügung gestelltes Verkehrserfassungsgerät SR4 von Sierzega eingesetzt, welches per Radar Anzahl, Geschwindigkeit und ungefähre Länge der in beiden Richtungen passierenden Kraftfahrzeuge bestimmt.

Im Zeitraum der Messungen herrschte mildes Herbstwetter, bevor es in den letzten drei Tagen winterlich wurde. Eine geringfügige Beeinträchtigung der Zählung könnte es durch ausweichenden Verkehr aufgrund der wegen Sanierung gesperrten Hochstadter Straße gegeben haben.

Messstelle Hof Art

Messstelle Hof Art

Beim Gasthof Zur Post wurden innerhalb der ersten Woche 109.308 Kfz, davon ca. 2.616 Lkw gezählt. Von Montag bis Freitag lag die tägliche Kfz-Anzahl recht konstant zwischen 16.505 und 17.749 mit einem Durchschnittswert von 17.301, davon etwa 465 Lkw.

In der zweiten Woche bei Hof Art betrug die Gesamtanzahl der Kfz 102.882, davon ca. 2.442 Lkw. Von Montag bis Freitag wurden zwischen 15.936 und 17.128 Kfz mit dem Durchschnitt 16.561 (ca. 417 Lkw) gezählt.

Das Ergebnis beim Gasthof Zur Post stimmt verblüffend genau mit der in diesem Bereich im April 2008 durchgeführten, in der Verkehrsuntersuchung von Prof. Kurzak veröffentlichten Zählung (17.300 Kfz) überein. Die auf dem neben der Messstelle aufgestellten Plakat „Umgehung für Weßling jetzt!” genannten Zahlen (21.690 Kfz, 690 Lkw) wurden nicht bestätigt. Interessant ist auch, dass die Gesamtanzahl der in einer Wochen durch die Hauptstraße fahrenden Fahrzeuge in etwa dem Kfz-Bestand im Landkreis STA (Ende 2014: 109.449, das sind 1,02 Fahrzeuge je volljährigem Einwohner) entspricht. Ferner überschritten bei Hof Art 31 % der Fahrzeuge die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h, wobei nachts mehrmals Geschwindigkeiten über 100 km/h gemessen wurden.

Plakat gegenüber dem Gasthof Zur Post

Plakat gegenüber dem Gasthof Zur Post

Die Verkehrszählung 2015 dokumentiert das Verkehrsaufkommen in der Hauptstraße vor der Eröffnung der Westumfahrung. Die Mobilitätswende plant, die Zählungen in den kommenden Jahren zu wiederholen, sodass die Entwicklung des Verkehrsaufkommens objektiv nachvollziehbar wird.

Die Mobilitätswende stellt hiermit alle erfassten Datensätze und Auswertungen der Öffentlichkeit zur Verfügung:

Messstelle Daten Auswertung
Gasthof Zur Post Daten Auswertung
Hof Art Daten Auswertung

Die Ergebnisse der Verkehrszählung wurden am 12. April 2016 im Gemeinderat vorgestellt: Präsentation

Auf den Arm genommen

Leserbrief zum Beitrag Umwege mit dem Fahrrad in der Süddeutschen Zeitung vom 6. November 2015 und zur Niederschrift der Gemeinderatssitzung am 27. Oktober 2015

Als Radfahrer fühlt man sich wieder einmal vom Landkreis auf den Arm genommen: Da beauftragt der Kreis für viel Geld ein renommiertes Büro damit, ein Alltagsradroutennetz für den Landkreis zu erarbeiten. Jedem Kenner ist klar, dass die Kreuzung von Seestraße/Aubachweg mit der Staatsstraße 2070 am südlichen Ortsrand von Hechendorf einer der kritischen Punkte bei der Realisierung dieses Netzes sein wird, denn die einzig realisierbare Alltagsverbindung von Herrsching über Hechendorf nach Weßling und Gilching wird genau über diese Kreuzung führen. Der Weg an der Bahnlinie entlang von Herrsching nach Hechendorf und der Aubachweg müssten befestigt werden und schon wäre diese wichtige Verbindung realisiert. Und was macht das Landratsamt? Anstatt Fußgängern und Radfahrern ein sicheres Queren der Staatsstraße dort zu ermöglichen, wo die Route natürlicherweise auf die Straße trifft, ordnet es für die Radfahrer einen absolut unsinnigen Umweg an, wohlwissend, dass sich kein Radler daran jemals halten wird. Genauso sinnvoll wäre es, dem Aubach zu befehlen, dass er in Zukunft bergauf zu fließen habe!

Und warum das Ganze? Vermutlich, um im Fall eines Unfalls die Schuld dem unvernünftigen Radler zuweisen zu können, der die ach so weisen und fürsorglichen Anordnungen des Landratsamts nicht befolgte. Dabei könnte man diese Kreuzung auch durch Tempo 30 für die Autos am besten in Verbindung mit einer Ampel, die bei Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf rot schaltet, ganz leicht zur sicheren Fahrradkreuzung machen.

Den Autoverkehr ein klein wenig in die Schranken weisen – in diesem Landkreis offensichtlich ein Ding der Unmöglichkeit!

Gerhard Sailer
Mobilitätswende Weßling

Radl für Flüchtlinge

Während die Flüchtlingswelle in der großen Politik für viel Uneinigkeit und Populismus sorgt, engagieren sich im von der Weßlinger Nachbarschaftshilfe koordinierten Helferkreis Asyl hunderte Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich zum Wohl der zu uns geflüchteten Menschen. Die Mobilitätswende greift auf ihre Repair-Café-Erfahrungen bei der 3. Klimaschutzwoche sowie bei der Vorstellung der Gewerkhaus-Idee zurück und wirkt in der Helfergruppe Radl für Flüchtlinge mit.

Wir treffen uns jeden Mittwochabend ab 18 Uhr im ehemaligen Feuerwehrhaus Weßling, um Spenden (Fahrräder, Kinderfahrzeuge, Ersatzteile, Fahrradtaschen, -körbe und -schlösser, Helme, Werkzeug) entgegenzunehmen und Fahrräder instandzusetzen, die wir an Flüchtlinge ausgeben. Bisher wurden etwa 25 Radl fahrbereit gemacht, katalogisiert und gegen ein Pfand von 20 bis 50 € verliehen. Die Nachfrage ist nach wie vor groß, bei Kindern meist sogar enthusiastisch.

Es ist der Mobilitätswende ein Anliegen, armen Mitmenschen die Nutzung des mit Abstand effizientesten Verkehrsmittels zu ermöglichen. Auch das deutlich verstärkte Fußgängeraufkommen sehen wir im Sinne von nachhaltiger Mobilität und der Belebung des öffentlichen Raums positiv. Und nicht zuletzt bereichert das Engagement im Helferkreis uns alle, indem in der Gemeinde mehr Miteinander statt Nebeneinander stattfindet.

Diese Affäre ist nur in dem Teil eine VW-Affäre, in dem es um den offensichtlichen Betrug geht. Sie ist unser aller Affäre, weil sie das Scheinwerferlicht auf den Selbstbetrug einer automobilverliebten Nation wirft: der Glaube, ohne Einschränkungen weiterhin automobil sein zu können – und gleichzeitig Umwelt und Gesundheit in einem Maße zu schützen, wie es geboten und gewünscht ist.

Aus dem Kommentar Raus aus dem SUV, rauf aufs Fahrrad! von Korbinian Frenzel auf Deutschlandradio Kultur, 26. September 2015.

Eine andere Mobilität ist möglich

Der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums

Der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums

Es gibt keinen motorisierten Individualverkehr. Im ganzen Ort herrscht Fahrverbot für Kfz mit genau festgelegten Ausnahmen: Für den gewerblichen Lieferverkehr dürfen elektrisch angetriebene Kleintransporter (Höchstgeschwindigkeit 20 km/h) benutzt werden. Verbrennungsmotoren sind nur für Einsatzfahrzeuge (Feuerwehr, Krankenwagen) sowie Land- und Baumaschinen zulässig.

Parkplatz mit minimalem Flächenverbrauch

Parkplatz mit minimalem Flächenverbrauch

So setzt sich der Straßenverkehr beinahe ausschließlich aus Fuß- und Radverkehr zusammen. Die Straßen sind frei von Lärm, Abgasen, Feinstaub und Lebensgefahr. Dank dem menschlichen Maß entsprechender Geschwindigkeiten und persönlicher Kommunikation der Verkehrsteilnehmer verläuft der Verkehr jederzeit entspannt und ohne Hektik und Aggression. Infantile Drohgebärden durch hochdrehende Verbrennungsmotoren mit Sportauspuff, panzerartige SUVs und sonstige Persönlichkeitsprothesen auf vier Rädern gibt es nicht.

Hauptverkehrsmittel Fahrrad

Hauptverkehrsmittel Fahrrad

Die unzähligen Radler fahren ohne Helm auf Hollandrädern und Cruisern mit Nabenschaltung, funktionierender Lichtanlage und bei Bedarf mit geräumigem Transportanhänger. In knallbunte, reklameübersäte Radlerklamotten gezwängte Wochenendradsportler mit High-Tech-Sportbike der neuesten Generation sucht man hingegen vergebens. Das allgegenwärtige flüsterleise Prasseln der auf dem Klinkerpflaster abrollenden Veloreifen ist Musik in den Ohren eines jeden Radlfreunds.

Autofreie Wohnstraße

Autofreie Wohnstraße

Alle Waren und Diestleistungen für den täglichen Bedarf stehen im Ort zur Verfügung. Niemand braucht sich Gedanken über Kfz-Stellplätze und -Straßen, Staus, Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen, Ampeln und Vorfahrtsregelungen, Fahruntauglichkeit und Verkehrstote, Elterntaxis und Schulwegsicherheit, Radverkehrsförderung und Mobilitätswende zu machen. Überall ist selbstbestimmte Mobilität für Jung und Alt selbstverständlich möglich. Nicht der fahrende und ruhende Kfz-Verkehr, sondern der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums.

Was für einen Weßlinger völlig utopisch klingt, ist in Langeoog auf der gleichnamigen ostfriesischen Insel längst Realität. Offenbar können allein durch die räumliche Trennung des Gemeindegebiets Denkbarrieren niedergerissen und Menschenverstand beflügelt werden. Es ist verblüffend und faszinierend, dass eine so kompromisslose Hinwendung zu sanfter Mobilität in einem Ort der Autorepublik Deutschland möglich ist.

So, wie es für US-Präsident Barack Obama selbst nach Amokläufen unmöglich ist, den Amerikanern ihr Recht auf eine eigene Waffe auszureden, so undenkbar ist es für deutsche Politiker, den Bürgern das Freiheitsversprechen ewiger Automobilität zu rauben.

Aus dem Beitrag Brunners letzte Fahrt von Henning Sußebach auf Zeit Online, 18. Juli 2015.

Verkehrsraum umverteilen

Leserbrief zum Beitrag Ab auf die Radl-Autobahn und den Kommentar Autoverkehr bevorzugt in der Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2015

Vielen Dank für den Kommentar von Michael Berzl, der den Nagel auf den Kopf trifft. STAdtradeln hat es geschafft, Jahr für Jahr ein paar Tausend Radler im Landkreis dazu zu bewegen, ein paar Hunderttausend Fahrradkilometer zu dokumentieren. Immerhin haben die Radler damit erreicht, dass Ihnen der Landrat zuhört, auch wenn dadurch noch lange keine Verbesserungen für das Radwegenetz erreicht sind. Und wenn jetzt Radschnellwege für den Landkreis ins Gespräch gebracht werden, dann malt die Verkehrsmanagerin des Landkreises gleich das Schreckgespenst von Fronten zwischen Naturschützern und Radfahrern an die Wand, die da aufeinanderprallen könnten.

Fronten, die es nicht gibt und auch nicht geben muss! Sicherlich sind an ein paar wenigen Stellen neue Radwege erforderlich, aber wesentliche Verbesserungen für den Radverkehr könnte man schon dadurch erreichen, dass man Straßen ganz oder teilweise Radfahrern und anderen schwächeren Verkehrsteilnehmern zurückgibt. Stattdessen baut man weiter planlos Umgehungsstraßen, ohne sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen diese auf das übrige Straßennetz haben.

Beispielsweise die Umfahrung von Unterbrunn und Oberbrunn! Die für den Autoverkehr weitgehend überflüssig gewordene alte Straße könnte mit wenig Aufwand und fast ohne zusätzlichen Flächenverbrauch zur Fahrradroute und zu einem wichtigen Baustein für einen Radschnellweg Starnberg – Gilching – Fürstenfeldbruck umgestaltet werden. Stattdessen erhält man die alte Straße als parallele Auto-Straße zur neuen Umfahrung.

Wie könnte dagegen eine sichere Radroute aussehen? Zwischen der südlichen Ortseinfahrt von Gilching und der jetzigen Anschlussstelle Unterbrunn-Nord fehlen 2,5 km Radweg. Ab Unterbrunn-Nord könnten die Radler auf die dann für den Kfz-Verkehr gesperrte alte Staatsstraße wechseln und gefahrlos nach Unterbrunn und dann weiter auf der Straße nach Oberbrunn radeln. Dieses Straßenstück hätte nur noch als Verbindung zwischen Unter- und Oberbrunn eine Bedeutung und könnte deshalb problemlos auf Tempo 60 für Autos beschränkt werden. Von Oberbrunn aus ginge es dann wieder auf der für den Kfz-Verkehr gesperrten Strecke bis zur jetzigen Anschlussstelle Oberbrunn Süd an die neue Umfahrung.

Hier und am neuen Kreisel Waldkreuzung müssten bisher „vergessene“ Fahrradunterführungen gebaut und ein 1,5 km langes Stück Radweg bis Hanfeld ergänzt werden. Würde man jetzt noch entlang der Hanfelder Straße in Starnberg, der Römerstraße in Gilching und der Ortsdurchfahrt Alling noch Fahrradschutzstreifen anlegen, wäre der Fahrradschnellweg Starnberg Fürstenfeldbruck fertig!

Was bitte hindert die Verantwortlichen daran, Projekte wie dieses anzugehen?

Gerhard Sailer
Mobilitätswende Weßling