2022 war das zehnte Jahr, in dem sich die Mobilitätswende für nachhaltige Mobilität in der Gemeinde Weßling einsetzte. Einmal mehr wird in diesem Beitrag auf die Geschehnisse zurückgeblickt.
Fahrradschutzstreifen
Anfang April wurde in der nordwestlichen Gautinger Straße der erste Fahrradschutzstreifen in der Gemeinde markiert. Er verläuft einseitig zwischen den Einmündungen der unteren Seefeldstraße und dem Adelbergweg. Abgesehen von zahlreichen Falschparkern bei Badewetter hat sich die Situation im Laufe des Jahres recht gut eingespielt.
Radl Werkstatt
Seit 2015 hat sich die Radl Werkstatt zu einer festen Größe im Angebot der Nachbarschaftshilfe entwickelt. Im vergangenen Jahr erwiesen sich das Reparatur-Team, Angebot und Nachfrage stabil. Am 8. August lud die Radl Werkstatt wieder im Rahmen des Ferienprogramms Schulkinder zum Radlreparaturkurs mit anschließendem Eisessen am See ein. Erfreulich ist auch, dass in Weßling nun regelmäßig ein Repair Café angeboten wird – hierzu hatte die Mobilitätswende schon 2014 Pionierarbeit geleistet.
Radltag
Am 30. April fand beim Seehäusl der vierte Radltag der Nachbarschaftshilfe statt. Trotz teilweise regnerischem Wetter war die Veranstaltung gut besucht. Wie immer stand der Radlflohmarkt im Mittelpunkt, aber auch die Dienste der Radl Werkstatt fanden großen Zuspruch. Außerdem wurden vom ADFC Fahrradcodierung und von der Mobilitätswende Einweisungen für das Lastenpedelec LaRa 1 angeboten.
Kidical Mass
In 2022 gab es erstmalig eine Kidical Mass in Weßling. Am 14. Mai demonstrierten 89 Radler:innen jeden Alters für eine kinder- und radlfreundliche Gemeinde. Bei schönstem Wetter führte die Radldemo mit Pause in Grünsink entlang der wichtigsten Schulwege der neuen Schule. Anschließend versammelte sich die Gemeinschaft auf dem Schulhof Oberpfaffenhofen, wo nach einer kurzen Kundgebung eine Hüpfburg für viel Vergnügen sorgte.
STAdtradeln
Auch das STAdtradeln mobilisiert viele Menschen durch positive Erfahrung. In den drei Wochen vom 27. Juni bis 17. Juli radelten 405 Teilnehmer:innen in 24 Teams 91.626 km für die Gemeinde Weßling. Im Landkreisvergleich siegte die Gemeinde mit 16,6 km einmal mehr mit großem Vorsprung in der Wertung Kilometer pro Einwohner:in. Außerdem radelten zehn Gemeinderatsmitglieder und Bürgermeister Michael Sturm mit 4.047 km auf den ersten Platz der Parlamentarier:innenwertung. Bayernweit belegte Weßling in diesen beiden Wertungen jeweils Rang neun.
AGFK
Am 12. Mai fand die Vorbereisung für den Beitritt der Gemeinde Weßling zur AGFK Bayern statt. Am Vormittag präsentierte Gerhard Hippmann Aktivitäten und Status der gemeindlichen Radverkehrsförderung. Am Nachmittag wurde auf einer Radtour die Situation vor Ort begutachtet. Die Bewertungskommission mit Vertreter:innen der AGFK, des ADFC und des bayerischen Verkehrsministeriums zeigte sich angetan und empfahl die Aufnahme der Gemeinde Weßling in die AGFK. Am 18. Juli wurde die Gemeinde daraufhin aufgenommen und hat nun vier Jahre Zeit, um die Empfehlungen der Kommission umzusetzen. Dann findet die Hauptbereisung statt, deren Ergebnis über die Zertifizierung als fahrradfreundliche Kommune in Bayern entscheidet.
Radentscheid
Selbstverständlich unterstützte die Mobilitätswende tatkräftig die Unterschriftensammlung für die Zulassung des Volksbegehrens für besseren Radverkehr in Bayern. Durch einen Infostand beim Edeka und eine dauerhafte Sammelstelle beim Gasthof Plonner erzielte die Gemeinde Weßling eines der besten Ergebnisse aller bayerischen Kommunen.
Mobilitätstag
Am 16. September veranstaltete die Gemeinde Weßling in Kooperation mit der Mobilitätswende einen Mobilitätstag im Pfarrstadel. Zusammen mit Vertretern von ADFC, VCD, der STEP Mobility GmbH und der Energiegenossenschaft Fünfseenland wurden Informationen über nachhaltige Mobilität präsentiert. Die Veranstaltung schloss mit der STAdtradel-Siegerehrung und einem Kinofilm – eigentlich eine runde Sache, die angesichts der Energiekrise jedoch auf erstaunlich geringes Interesse stieß.
Vierte Verkehrszählung
Im November führte die Mobilitätswende zum vierten Mal eine Verkehrszählung in der Hauptstraße durch. Im Vergleich zu 2019 gab es einen leichten Rückgang des Kfz-Verkehrsaufkommens um 8 % bzw. 15 %, der wahrscheinlich auf vermehrte Arbeit im Homeoffice zurückzuführen ist. Mit durchschnittlich 10.592 bzw. 9.251 Fahrzeugen an Werktagen ist die Verkehrsstärke nun um 39 % bzw. 44 % geringer als im Jahr 2015 vor der Eröffnung der Umfahrung.
Kommunalpolitik
Wie schon im Vorjahr gab es auch in 2022 überwiegend positive Gemeinderatsbeschlüsse und gemeindliche Maßnahmen für nachhaltige Mobilität:
- Anfang des Jahres wurde ein Gehweg an der Bushaltestelle DLR in Richtung Weichselbaum angelegt.
- Im Februar wurden in Hochstadt die Steinpoller am Beginn des Geh- und Radwegs nach Oberpfaffenhofen entfernt.
- Am 16. Februar fand ein Workshop für betriebliches Mobilitätsmanagement in der Gemeinde statt.
- Am 22. Februar beschloss der Gemeinderat die Errichtung eines automatisch versenkbaren, fahrradfreundlichen Pollers auf dem Weg zwischen Grünsink und der Umfahrung.
- Im April wurde eine für Radfahrer:innen gefährliche Schwelle auf der Begleitstraße der A96 entschärft.
- Am 16. April beteiligte sich die Gemeinde Weßling an der Aktion OSTAradeln des Landratsamts.
- Seit April bietet die Gemeinde ihren Mitarbeiter:innen Fahrradleasing mit Entgeltumwandlung (Jobrad) an, welches sich großer Nachfrage erfreut.
- Im Mai wurde beim Hort Villa Kunterbunt ein hochwertiger Radlständer errichtet.
- Im Mai wurden im verkehrsberuhigten Bereich Herbststraße/Winterweg/Walchstadter Weg Bodenpiktogramme aufgebracht.
- Im Sommer wurde zwischen Ettenhofener Straße und Kesselboden ein für den Radverkehr freigegebener Gehweg gebaut.
- Am 3. Juli fand eine Willkommensradltour für Neubürger:innen mit dem zweiten Bürgermeister Sebastian Grünwald statt.
- Am 26. Juli beschloss der Gemeinderat die Einführung von Rathaus-Carsharing.
- Im Juli wurde beim Hort Villa Kunterbunt ein Rollerständer errichtet.
- Im August wurden auf dem Geh- und Radweg nach Gilching Ampelgriffe installiert.
- Im August wurde im Rathaus-Carport ein neuer Fahrradparker errichtet.
- Im September wurde ein Banner aufgehängt, das auf den Mindestüberholabstand zu Radfahrer:innen aufmerksam macht.
- Am 27. September beschloss der Gemeinderat den Beitritt zur Initiative Lebenswerte Städte und Gemeinden
- Im Oktober wurde auf dem Geh- und Radweg nach Gilching die Fahrbahn im Bereich der Unterführung saniert.
- Am 25. Oktober beschloss der Gemeinderat Sanierung und Neubau der Fahrradabstellanlagen am Bahnhof.
- Im November wurden vier Bordsteinabsenkungen hergestellt.
Dennoch sorgte der Gemeinderat für ein fatales Rollback. Entgegen positiver Vorentscheidungen konnte eine fraktionsübergreifende Autolobby mit knappen Mehrheiten wichtige Fortschritte verhindern:
- Am 16. März und am 11. Mai beschloss der Gemeinderat eine Verkehrsplanung für die neue Grundschule, die primär an den Belangen des Kfz-Verkehrs ausgerichtet ist.
- Am 27. September lehnte der Gemeinderat die Einführung der geplanten Fahrradzone bzw. -straße Pfarrstadel ab.
- Am 22. November lehnte der Gemeinderat den Ausbau des Steinebacher Wegs für den Alltagsradverkehr ab.
Außerdem sprach sich im Oktober die untere Verkehrsbehörde gegen die Markierung eines einseitigen Schutzstreifens in der östlichen Gautinger Straße aus.
Sonstiges
Mit einem Leserbrief zur Berichterstattung über den Geh- und Radweg Allmannshausen-Weipertshausen, einem Brief an den Landrat zur Radverkehrsförderung und Artikeln in UNSER DORF heute über die 15-Minuten-Gemeinde, Straßen für Menschen, den Mobilitätstag und das 1-Euro-Ticket nahm die Mobilitätswende zu verschiedenen Verkehrswende-Themen Stellung.
Fazit
Seit zehn Jahren engagiert sich die Mobilitätswende für nachhaltigere Mobilität in der Gemeinde Weßling. Während dieser Zeit hat sich die Motivation tendenziell verschoben: Peak Oil hat durch neue Fördertechniken (Fracking) vorübergehend an Brisanz verloren. Im Fokus stehen heute Klimakrise und Ressourcenverbrauch, aber auch lebenswerte und diskriminierungsfreie öffentliche Räume. Doch obwohl sich die Situation hinsichtlich planetarer Grenzen und Kfz-Belästigung von Jahr zu Jahr immer weiter zuspitzt, bleiben durchschlagende Erfolge aus. Denn gegen die bald ein Jahrhundert fortwährende, massive Förderung des Kraftverkehrs ist kein Kraut gewachsen: Entfernungspauschale, Dienstwagenprivileg, Steuerermäßigung/-befreiung für Diesel/Flugbenzin, Privilegierung des Kfz-Verkehrs im Verkehrsrecht, gigantischer Neu- und Ausbau von Kfz-Straßen, und nicht zuletzt eine gemeindliche Stellplatzsatzung, durch die im Ort langsam aber sicher für jeden Erwachsenen ein Kfz-Stellplatz gebaut wird, wurden jüngst noch durch Autokaufprämien und Tankrabatt ergänzt. Diese Randbedingungen machen unsere ehrenamtliche Initiative zum Tropfen auf den heißen Stein – und das Zeitfenster für eine gestaltbare Verkehrswende schließt sich allmählich…