Wer öfters auf unbekannten Wander- oder Radwegen unterwegs ist, kennt das Phänomen: Eine neue Ortschaft ist erreicht, aber es ist unklar welche. Straßen für den Kfz-Verkehr sind stets mit Ortstafeln ausgestattet, Wege für aktiv mobile Menschen hingegen oft nicht. So auch der in den Meilinger Weg führende Geh- und Radweg aus Richtung Herrsching, von dem aus die Ortstafel der parallel verlaufenden Hauptstraße nicht einsehbar ist.
Seit Mai gehört diese Beschilderung aus Windschutzscheibenperspektive der Vergangenheit an. Auf Höhe des Skaterplatzes wurde eine spezielle Ortstafel für den Fuß- und Radverkehr installiert, die dem offiziellen Verkehrszeichen 310 ähnelt, aber hinsichtlich Abmessungen und Farbgebung der Radwegweisung zuzuordnen ist – sehr schick!
Auch an der nördlichen Ortseinfahrt aus Richtung Gilching gibt es gute Neuigkeiten: Nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit Landratsamt und Straßenbauamt ist es endlich gelungen, die Furt des Geh- und Radwegs an der Einmündung Nelkenweg rot zu markieren. Denn was andernorts selbstverständlicher Standard ist, findet bei den für den Landkreis STA zuständigen Behörden nur ausnahmsweise Zustimmung. So wurde beispielsweise argumentiert, die Rotmarkierung sei gefährlich rutschig, in der StVO nicht vorgesehen oder wegen ausreichender Sicherheit einfach unnötig. Erfreulicherweise gehören diese Diskussionen nun der Vergangenheit an, denn nun sind alle vier kritischen Furten (Nelkenweg, Buchenweg, Neuhochstadter Straße, Aldi) in der Gemeinde Weßling rot markiert.
Die Freiheitsbilanz des Autos ist zweifelhaft aus der Sicht der Autonutzenden; aus der Außensicht ist sie verheerend.
Anders sieht es beim Radverkehr aus: Die Bereitstellung von Abstellanlagen für Fahrräder ist nur vereinzelt durch kommunale Satzungen geregelt, welche zudem nicht immer konsequent angewendet werden. Die für die Attraktivität des Radverkehrs wichtige Verfügbarkeit qualitativ und quantitativ überzeugender Fahrradparker hängt daher meist vom guten Willen von Bauherren, Geschäftsleuten und öffentlichen Einrichtungen ab. Das gilt auch für die Gemeinde Weßling, denn die am 11. Mai 2016 vom Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Mobilität beschlossene Aufnahme von Fahrradabstellplätzen in die Stellplatzsatzung wurde bis heute nicht umgesetzt.
Die Mobilitätswende hatte bereits in den Jahren 2014, 2015 und 2016 Radlständer-Vergleichstests durchgeführt, um die Abstellanlagen in der Gemeinde Weßling zu bewerten. Dabei konnten allerdings nur geringe Unterschiede zwischen den Jahren festgestellt werden, sodass diese neue Auflage des Vergleichstests nach einem Zeitraum von fünf Jahren erscheint. Die in der ersten Ausgabe ausführlich beschriebenen Kriterien sowie das auf Schulnoten basierende Bewertungsschema bleiben unverändert.
Öffentliche Radlständer
Bei den Radlständern öffentlicher Einrichtungen gibt es erstaunlich wenig Änderung. Zwar kamen beim Friedhof in der Grünsinker Straße vier und beim alten Rathaus Weßling zwei neue Abstellplätze hinzu, allerdings wurden beim Hort vier und bei der Kinderkrippe Vogelnest zwei entfernt, sodass die Gesamtanzahl unverändert bei 450 liegt. Auch die durchschnittliche Gesamtnote von 3,3 bleibt gleich. Immerhin sind nun 37 von 47 Einrichtungen mit einer Abstellanlage ausgestattet, aber nur fünf davon werden als gut bewertet.
Der größte Handlungsbedarf herrscht zweifellos am Bahnhof. Hier sind in den kommenden Jahren deutliche Fortschritte zu erwarten, denn die Umsetzung der Erneuerung der Abstellanlagen ist bereits im Gang. Der weitere Zeitplan ist jedoch ungewiss, da die Gemeinde auf Gestattungsverträge der Bahn angewiesen ist, welche wiederum von der Planung des bevorstehenden Bahnhofumbaus abhängen.
Radlständer für Kund:innen
Bei den Radlständern für Kund:innen gibt es mehr Veränderung. Das liegt aber nicht an einem gesteigerten Engagement der Gewerbetreibenden, sondern an Eröffnungen bzw. Schließungen sowie Um- und Neubauten. So gab es während der Erhebung im Mai beim Gasthof Schuster (Schließung und Abriss), Hotel Post (Abriss und Neubau) sowie beim Hotel Seehof (Neugestaltung des Außenbereichs) keine Abstellanlagen mehr. Bei letzteren besteht Hoffnung, dass schon bald qualitativ hochwertige Radlständer in ausreichender Anzahl installiert werden. Immerhin 20 neue Abstellplätze kamen in die Wertung, weil erstmalig das Gut Mischenried in die Erhebung einbezogen wurde. Die Hälfte davon ist sogar mit einer Überdachung ausgestattet, was in dieser Kategorie leider einmalig ist.
In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Situation hinsichtlich Fahrradabstellanlagen nicht verbessert. Kleine Verbesserungen bei den öffentlichen Einrichtungen werden von Verschlechterungen bei den Gewerbetreibenden überkompensiert. Damit Weßling tatsächlich eine fahrradfreundliche Gemeinde wird, muss in Sachen Radlständer noch viel passieren.
Die qualitativ hochwertigsten Radlständer in der Gemeinde gibt es übrigens dank einer Initiative des Integrationspunkt Weßling im Containerdorf für Geflüchtete, freilich außerhalb der Bewertungskategorien dieses Vergleichstests. Hier fehlt nur ein (aufgrund von Bestimmungen nicht zulässiger) Witterungsschutz. Eine dermaßen optimale Lösung, die erstmalig eine Bewertung mit der Note eins verdient, ist immerhin für die Abstellanlagen am Bahnhof in Aussicht.
Es ist noch keine Verkehrswende, wenn wir jeden Verbrenner durch ein E-Auto ersetzen. Es geht darum, dem Auto auch öffentliche Räume zu entreißen. Unsere Städte sind keine Parkplätze, Städte sind Orte zum Leben. Es sind Städte für Menschen und nicht Städte für Autos.
E-Mail vom 13. April 2021 an die Radverkehrsbeauftragte des Landkreises Starnberg
Sehr geehrte Frau S.,
am Meilinger Weg in Weßling, Teil der überörtlichen Radroute Herrsching – Weßling – Gilching, errichtet die Gemeinde Weßling ein neues Schulgebäude. Wegen des Baustellenverkehrs wurde die dortige Fahrradstraße aufgehoben und das Schild „Radfahrer absteigen“ angebracht. Damit dürfen Kfz in diesem Bereich statt bisher 30 jetzt 50 km/h fahren, während Radfahrer absteigen und 260 m schiebend zurücklegen sollen.
Diese Regelung ist eines „fahrradfreundlichen“ Landkreises keinesfalls würdig! Die Baustellenrichtlinien der AGFK sehen auch an Baustellen durchgängige Fahrspuren für Radfahrer vor. Es ist zu erwarten, dass das Absteigegebot von den Radfahrern nicht beachtet wird – wie auch Autofahrer ein Schild „Autofahrer aussteigen“ oder Fußgänger ein Schild „Fußgänger stehen bleiben“ nicht beachten würden.
Um im Bereich der Baustelle die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer sicherzustellen, sollte ein Tempolimit von 10 km/h angeordnet werden. Die Beschränkung sollte auf Werktage beschränkt werden, da an Wochenenden und Feiertagen einerseits kein Baustellenverkehr stattfindet und andererseits dann besonders viele Freizeitradler unterwegs sind. Der Bauaufsicht sollte vorgegeben werden, dass Verschmutzungen jeweils unverzüglich zu beseitigen sind.
Alternativ könnte geprüft werden, den Radverkehr über die parallel verlaufende Hauptstraße zu leiten, dort die Fahrbahn für Kfz zu verengen und eine gesicherte Fahrradspur anzulegen.
Ich bitte sehr darum hier unverzüglich für eine fahrradfreundliche Regelung zu sorgen und dabei zu bedenken, dass die Regelung mit Sicherheit für viele Monate gelten wird.
Mit freundlichen Grüßen, Gerhard Sailer Mobilitätswende Weßling
Antwort vom 13. April 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider steht unsere Radverkehrsbeauftragte kurzfristig für einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung. Daher bitten wir um Ihr Verständnis, dass es ggf. zu einer längeren Bearbeitungszeit kommen kann. Wir werden Ihr Anliegen so schnell wie möglich bearbeiten.
Mit freundlichen Grüßen Stabsstelle Verkehrsmanagement
Update vom 16. Juli 2021
Nach mehr als drei Monaten wurden die Zusatzzeichen „Radfahrer absteigen“ diese Woche endlich von der Gemeinde entfernt. Das Landratsamt hatte sich allerdings nicht um diese Sache gekümmert, und die Verkehrspolizei hatte die vorgeschlagene Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h auf Rückfrage entschieden abgelehnt. „Beschränkung des fließenden Verkehrs“ setzen die Behörden offenbar selbst auf einer hoch priorisierten Radroute mit „Beschränkung des Kfz-Verkehrs“ gleich, während der Radverkehr weiterhin wie selbstverständlich marginalisiert wird.
Unterdessen hatten Verkehrswende-Aktivisten die Initiative ergriffen und für eine Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer:innen im Meilinger Weg gesorgt:
Das „öffentliche Verkehrsinteresse“ hat bis heute ein klares Ziel: Die Förderung von Besitz und Nutzung privater Kraftwagen – so wie es gesetzlich erstmals 1934 formuliert und bis heute nicht geändert wurde.
Der Gemeinderat sprach sich am 19. Januar mit großer Mehrheit für eine Geschwindigkeitsbegrenzung aus. Zwischen Ortstafel und Waldrand soll auf 60 km/h und im Wald auf 30 km/h, jeweils mit Zusatzzeichen „Achtung Fußgänger“ beschränkt werden. Diese Maßnahme erfordert allerdings noch eine Zustimmung vom Landratsamt, welche leider nicht selbstverständlich ist.
Schutzstreifen Gautinger Straße
Die nordwestliche Gautinger Straße ist zwischen den Einmündungen Hauptstraße und Adelbergweg durchwegs mindestens 6,0 m breit. Damit ist genug Platz für die Einrichtung eines einseitigen Fahrradschutzstreifens vorhanden. Diese Maßnahme ist sinnvoll in Richtung Oberpfaffenhofen, weil aufgrund der Steigung besonders große Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Radler:innen und Kfz auftreten. Der Gemeinderat befürwortete diesen Vorschlag am 23. Februar einstimmig.
Mit dem Beschluss ist ein erster wichtiger Schritt getan. Die Maßnahme muss aber noch durch das Landratsamt genehmigt werden. Die Chancen dafür stehen wahrscheinlich nicht schlecht, weil der Landkreis zurzeit die Einrichtung von Schutzstreifen forciert.
Unterführung Mitterwiese
Durch den Bau der Umfahrung Weßling wurde der bei Wander:innen und Radler:innen sehr beliebte Waldweg von Weßling nach Steinebach über die Mitterwiese und den Golfplatz durchtrennt. Seitdem muss der Radverkehr 120 m auf der Umfahrung fahren und dann nach links abbiegen, um auf die andere Seite zu kommen – lebensgefährlich bei zulässigen 100 km/h für den Kraftverkehr. Der Gemeinderat sprach sich am 23. Februar einstimmig und mit Nachdruck dafür aus, den Bau einer Unterführung für den Fuß- und Radverkehr anzugehen (Artikel Süddeutsche und Merkur).
Auch in dieser Sache ist eine Umsetzung durchaus wahrscheinlich, denn niemand hat sich bisher dagegen ausgesprochen, und für das Vorhaben kann voraussichtlich eine hilfreiche Förderung beantragt werden.
Förderprogramm für Lastenräder und Fahrradanhänger
Förderprogramme für Lastenräder und Fahrradanhänger werden von vielen Kommunen angeboten und erfreuen sich bei Bürgerinnen und Bürgern großer Beliebtheit. Diese Maßnahmen haben den Charme, dass sie tatsächlich das Potenzial haben, Autofahrten bzw. Zweit- und Drittwagen zu ersetzen. Das wird mit jeder Fahrt sichtbar gemacht, sodass sich solche Förderprogramme selbst verstärken.
Am 17. März beschloss der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Mobilität mit deutlicher Mehrheit, auch in der Gemeinde Weßling Lastenräder (Zuschuss 500 €) und Fahrradanhänger (150 €) zu fördern.
Beitritt zur Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen
Es kommt selten vor, dass eine Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs im Konzept für das Alltagsradroutennetz STA enthalten ist und sowohl vom Landratsamt, als auch von der Verkehrspolizei ausdrücklich begrüßt wird. Dies ist der Fall an der Kreuzung Meilinger/Steinebacher Weg, wo der Radverkehr auf der Radroute Herrsching-München mit höchster Priorität auf einer Fahrradstraße geführt wird. Alles spricht daher dafür, den Meilinger Weg zu bevorrechtigen oder wenigstens die Stop-Beschilderung durch „Vorfahrt gewähren“ zu ersetzen.
Aus schwer nachvollziehbaren Gründen fand diese Lösung am 19. Januar aber keine Mehrheit im Gemeinderat. Weil sich die Beschilderung durch den Bau der Grundschule mittelfristig sowieso ändern wird, ist diese Fehlentscheidung aber verschmerzbar.
Insgesamt gibt es zurzeit in der Gemeindepolitik also viel Schwung für den Radverkehr. Damit die Maßnahmen umgesetzt werden, müssen allerdings noch die übergeordneten Behörden mitspielen und die Gemeindeverwaltung ihre Hausaufgaben machen. Wir drücken die Daumen, dass das in allen Fällen gelingt!
Wer eine Trompete kauft, der weiß, dass er sie nicht an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit benützen kann. Mit dem Auto wird es künftig nicht anders sein.
Hans-Joachim Vogel, Oberbürgermeister von München 1960 bis 1972.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Arbeit und Projekte der Mobilitätswende Weßling im Jahr 2020.
Mitfahrbänke
Seit Herbst 2019 gibt es Mitfahrbänke in den drei Ortsteilen der Gemeinde. Nach ersten positiven Erfahrungen warteten wir gespannt auf den Beginn des Frühlings, um zu verfolgen, wie das Konzept von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird. Doch dann zog die Corona-Pandemie ein und stellte den Alltag auf den Kopf, sodass die zu den erforderlichen Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen im Widerspruch stehenden Mitfahrbänke leider verwaisten. Allerdings wurde bereits deutlich, dass Vandalismus, Wind und Wetter nach einer robusteren Ausführung der Haltestellenausrüstung verlangen.
Lockdown
Der Lockdown im Frühling wirkte sich in erstaunlichem Maße auf das Mobilitätsverhalten der Menschen aus. Der starke Rückgang des Kfz- und Flugverkehrs und die deutliche Zunahme von Fuß- und Radverkehr gaben einen Ausblick auf die Auswirkungen einer erfolgreichen Verkehrswende. Andererseits verlor der öffentliche Personenverkehr wegen Ansteckungsgefahr massiv an Zuspruch – und dieser negative Effekt wird wohl erheblich länger anhalten als die vorübergehenden positiven Entwicklungen bei den anderen verträglichen Verkehrsformen. Leider war beim zweiten Lockdown im Herbst keine deutliche Reduzierung der Kfz-Verkehrsbelastung mehr zu beobachten.
Radl Werkstatt
Da die Garagenräume auf der Rückseite des ehemaligen Feuerwehrhauses Weßling zur Kita umgebaut wurden, musste die Radl Werkstatt ausziehen. Erfreulicherweise stellte die Gemeinde die direkt nebenan liegende Doppelgarage als neuen Werkstattraum zur Verfügung. Der Umzug erfolgte im Mai und die neuen Räume haben sich seitdem bewährt – nur im Winter muss die Radl Werkstatt nun geschlossen bleiben, weil es dort mangels Heizung zu kalt zum Arbeiten wird.
Auch in diesem Jahr war die Nachfrage sowohl von Geflüchteten als auch Einheimischen in der Radl Werkstatt oft hoch, und es hat sich ein vierköpfiges zuverlässiges Reparaturteam eingespielt. Der Radl-Reparaturkurs im Rahmen des Ferienprogramms der Nachbarschaftshilfe musste leider pandemiebedingt entfallen.
Kommunalpolitik
Mit der Kommunalwahl im März hat nachhaltige Mobilität deutlich mehr Gewicht in Gemeinde- und Kreisrat erhalten. Mit Gerhard Hippmann wurde ein Kandidat in den Gemeinderat gehäufelt, der zuvor in der Mobilitätswende aktiv war und speziell mit diesem Thema angetreten war. Auch im Beirat des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Mobilität (Gerhard Sailer) sowie in der Geschäftsleitung der Gemeindeverwaltung (Astrid Kahle) ist nun Personal mit Mobilitätswende-Vergangenheit vertreten. Nicht zuletzt bringt auch der neue Bürgermeister Michael Sturm wesentlich mehr Verständnis für verträgliche Mobilität mit. Hier besteht also Grund zur Hoffnung für erhöhte Qualität und Quantität in Sachen Verkehrswende – allerdings muss für jede wichtige Entscheidung nach wie vor eine Mehrheit im Gemeinderat gefunden werden.
Im Rahmen der Verhandlungen zur neuen Geschäftsordnung wurde der Arbeitskreis mobil & lebenswert aufgelöst. Das ist bedauerlich, weil er in seinen 29 Sitzungen zwischen Mai 2016 und Dezember 2019 zahlreiche konstruktive Beiträge geliefert und eine besonders unkomplizierte und niederschwellige Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht hatte.
Fahrradstraße
Fast zweieinhalb Jahre nach dem Gemeinderatsbeschluss war es am 21. Juni soweit: Die erste Fahrradstraße „Bahnhof“ in der Gemeinde Weßling wurde von Bürgermeister Michael Sturm feierlich eröffnet. Der Termin wurde zum Auftakt des diesjährigen STAdtradelns gewählt. Dank entspannter Corona-Lage nahmen mehr als 50 Bürgerinnen und Bürger mit den gebotenen Abstandsregeln teil.
In zwei begleitenden Artikeln in UNSER DORF heute und dem Infoblatt der Gemeinde wurden die Verkehrsregeln für Fahrradstraßen sowie die damit verbundenen Vorfahrtsänderungen erklärt. Nicht zuletzt durch den pandemiebedingten Radlboom wurde die Fahrradstraße schnell angenommen und hat sich mittlerweile recht gut eingespielt und etabliert. Dies war im vergangenen Jahr sicherlich der größte Fortschritt unserer Gemeinde in Sachen Verkehrswende.
Radltag
Nach dem Erfolg im Vorjahr musste der zweite Radltag der Nachbarschaftshilfe wegen Corona vom Frühling in den Sommer verschoben werden. Im Rahmen des STAdtradelns fand er am 4. Juli bei schönem Wetter statt. Hauptprogrammpunkt war erneut ein Radlflohmarkt mit stattlichem Angebot und zufriedenstellender Nachfrage. Außerdem wurden wieder Einweisungen für das Lastenpedelec LaRa 1 sowie Reparaturen durch die Radl Werkstatt angeboten. Im Anschluss fand eine Radltour für Neubürger:innen und neugierige Bürger:innen statt, an der erfreulicherweise auch der erste Bürgermeister teilnahm.
STAdtradeln
Als das STAdtradeln 2020 im Frühling vorbereitet wurde war unklar, ob es überhaupt stattfinden kann oder aufgrund von Corona-Maßnahmen abgesagt werden muss. Glücklicherweise war die Lage im Frühsommer eher entspannt, sodass die Aktion mit reduziertem Programm sogar besonders erfolgreich verlief: 450 aktive Teilnehmer:innen radelten in 27 Teams 104.824 Kilometer weit, das mit Abstand beste Ergebnis in der zehnjährigen Stadtradelgeschichte unserer Gemeinde. Sehr erfreulich war auch der erstmalige Landkreissieg in der Kategorie Parlamentarier:innen-Kilometer, mit dem der neue Gemeinderat und die vorbildlich radelnden Bürgermeister den Sprung vom Underdog an die Spitze schafften – herzlichen Glückwunsch!
Zunächst völlig unabhängig von der Mobilitätswende bildete sich im vergangenen Jahr eine Gruppe von ca. 25 Bürgerinnen und Bürgern, die sich für Carsharing interessieren. Mittlerweile wurde der Bedarf analysiert und verschiedene Lösungs- und Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Derzeit ist allerdings nicht absehbar, ob sich dieses Projekt im kommenden Jahr bis zur Umsetzung entwickeln wird.
Eine weitere lose Bürger:innen-Initiative hat sich für Verkehrsberuhigung in der Gautinger Straße gebildet. Da es sich um eine Staatsstraße mit Bedeutung für den überörtlichen Kfz-Verkehr handelt, sind die Möglichkeiten der Gemeinde hier allerdings stark eingeschränkt. Entscheidend sind vielmehr die übergeordneten Verkehrsbehörden auf Kreis- und Bezirksebene, welche letztlich die autolobbyfreundliche Verkehrspolitik von Staats- und Bundesregierung gegen Anwohner:innen durchsetzen. Aus diesem Grund war die Mobilitätswende auf Durchgangsstraßen bisher kaum aktiv.
Der Trend vom regelmäßig arbeitenden Team zu projektorientierten Initiativen hat mittlerweile auch die Mobilitätswende erfasst. Die seit der Gründung im Herbst 2012 durchgeführten monatlichen Treffen mit anschließendem Radlstammtisch fanden im Jahr 2020 nicht nur wegen Corona nur noch sporadisch statt. Zudem kostet das kommunalpolitische Engagement der (ehemals) Aktiven einen großen Teil der knappen personellen Ressourcen. Das äußerte sich auch in weniger Aktivität auf dieser Webseite.
Auch im achten Jahr der Mobilitätswende sind leider keine signifikanten Erfolge in Richtung nachhaltige Mobilität erkennbar. Noch immer nutzt die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger selbst für nur wenige hundert Meter lange Wege tonnenschwere Kraftfahrzeuge – und schadet damit der Umwelt, sich selbst und vor allem den Mitmenschen. Neben der über viele Jahrzehnte geförderten Autoabhängigkeit stimmt der pandemiebedingte Einbruch beim öffentlichen Personenverkehr nachdenklich. Grund zur Hoffnung geben hingegen der auch vor Ort belegbar deutlich wachsende Radverkehr, die beschleunigte Verkehrswende in größeren Städten sowie der sich langsam aber sicher drehende verkehrspolitische Wind.
Mittlerweile merken selbst eingefleischte Autofahrer, dass die Freiheit auf vier Rädern kein Versprechen mehr ist, sondern ein historischer Irrtum.