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Verkehrsberuhigung zum Mitmachen

von Gerhard Hippmann für Unser Dorf heute

Autolärmflagge

Autolärmflagge

Im kommenden Herbst wird die Westumfahrung eröffnet. In seiner Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2008 prognostiziert Prof. Kurzak eine restliche Verkehrsbelastung von täglich 9.500 Kraftfahrzeugen auf der Hauptstraße. Das ist dreimal so hoch wie heute auf der Gautinger Straße – zu viel für eine wesentlich verbesserte Nutzbarkeit des Straßenraums (flanierende und verweilende Fußgänger, radelnde Kinder u. s. w.). Kurzak geht in seiner Prognose davon aus, dass die Umgehung gut angenommen wird und nur 700 Fahrzeuge Durchgangsverkehr verbleiben. Demnach müssen wir mit einer hausgemachten Verkehrsbelastung von ca. 8.800 Kfz am Tag rechnen.

Wir werden es also im Wesentlichen selbst in der Hand haben, ob die lang ersehnte Verkehrsberuhigung im Ort gelingt. Die Entscheidung über ein lebenswertes Weßling wird durch tägliche Abstimmung mit unserer Verkehrsmittelwahl gefällt.

Die Voraussetzungen sind eigentlich günstig: Die Gemeinde ist mittlerweile bestens an das öffentliche Personenverkehrsnetz angeschlossen, und alle möglichen innerörtlichen Wege sind so kurz, dass sie von den deutschen Stadtradelmeistern schnell und mühelos mit Fahrrad oder Pedelec zurückgelegt werden können. Der Umstieg zu sanfter Mobilität wird erheblich erleichtert durch technische Entwicklungen wie Smartphone-Apps für multimodale Mobilität, Fahrradanhänger und Lastenräder, LED-Beleuchtung und Spikereifen für Fahrräder und schicke Funktionsbekleidung für jede Witterung. Dennoch wird es sicherlich schwierig werden, bewusst und solidarisch die liebe Gewohnheit und den inneren Schweinehund mehrheitlich zu überwinden und die Autonutzung zu reduzieren.

mobil & lebenswert

Der Weg zu mitbürger- und umweltfreundlicher Mobilität soll aber nicht allein vom guten Willen der Bürgerinnen und Bürger abhängen. Ein außerordentlich breites Bündnis aus Vertretern von ADFC, Bund Naturschutz, Mobilitätswende, Ortsbildbeirat, SoKo, Unser Dorf, VCD, Verkehrsberuhigungsverein und allen Gemeinderatsfraktionen hat im Mai einen öffentlich tagenden Arbeitskreis gegründet, der das neue Langzeitprojekt „mobil & lebenswert” voran bringen will. Ziel ist es, Maßnahmen und Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, die alle Ortsteile unserer Gemeinde mobil und lebenswert machen.

Verkehrspolitik aus dem vergangenen Jahrhundert

Leserbrief zum Beitrag Groll aufs Staatliche Bauamt im Starnberger Merkur vom 5. März 2016

„Unverständnis und Verärgerung, nicht nur bei den unmittelbar Betroffenen, über ein Amt, das konsequent alle Versuche ablehnt, entlang des Ortseingangs an der Staatsstraße den Verkehrslärm zu reduzieren und die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer zu verbessern” schreibt der Autor erfreulich klar und deutlich.

Tatsächlich lässt das Straßenbauamt Weilheim, aber auch die Untere Verkehrsbehörde des Landratsamtes und die örtlichen Polizeiinspektionen keine Möglichkeit aus, jede vernünftige Maßnahme zur Bändigung des allerorts unerträglich gewordenen Kfz-Verkehrs mit aller Wucht zu konterkarieren – lediglich der Neu- und Ausbau von Straßen für noch mehr Autos findet Zustimmung. Entgegen dem Wohl von geplagten Anwohnern und schwachen Verkehrsteilnehmern wird offenbar die Linie der Landesregierung durchgesetzt, für die unendliches Wachstum der bayerischen Premiumautobauer höhere Priorität genießt als menschen- und umweltgerechte Mobilität. Diese überholte, nicht zukunftsfähige Verkehrspolitik nach dem Motto „freie Fahrt für freie Bürger” aus den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts fällt selbst in der lobbykratischen Autorepublik Deutschland frappierend durch ihre Rückständigkeit aus der Reihe.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Rückblick auf das dritte Jahr

Das dritte Jahr der Ende 2012 gegründeten Mobilitätswende Weßling ist Geschichte. Dieser Beitrag gibt einen Rückblick auf die Aktivitäten und Projekte im Jahr 2015.

Bushaltestelle am Hort

Durch den Hort in Hochstadt wird viel unnötiger Abhol-Kfz-Verkehr verursacht, weil die Kinder nicht mit einem Schulbus zurück nach Oberpfaffenhofen und Weßling gebracht werden können. Um Eltern und Hortleitung dafür zu gewinnen, die Schulkinder mit dem Linienbus 955 nach hause fahren zu lassen, sammelte die Mobilitätswende Unterschriften für einen sicheren Umbau der Bushaltestelle am Hort. Das Problem ist nun in Gemeindeverwaltung und Landratsamt bekannt, es wurden aber bisher leider keine Maßnahmen zu seiner Lösung getroffen.

Radverbindung nach Etterschlag

In der Planfeststellung der Westumfahrung Weßling ist keine Rad- und Fußverkehrsverbindung nach Etterschlag/Schluifeld vorgesehen, sodass Ammerseeradweg und Kreisradwanderweg durchtrennt werden. Die Mobilitätswende hatte seit Jahren auf dieses Problem aufmerksam gemacht und versucht, eine praktikable Lösung zu finden. Mit Unterstützung von Bürgermeister Michael Muther gelang es im Februar, die bestehenden Pläne um einen alltagstauglichen Geh- und Radweg zu erweitern, der die Lücke zwischen der Grünsinker Straße und dem Wirtschaftsweg mit Unterführung nach Etterschlag schließt.

Beleuchtung des Geh- und Radwegs zum DLR

Ebenfalls auf Anregung der Mobilitätswende hat der Gemeinderat im vergangenen Jahr beschlossen, den Geh- und Radweg entlang der Staatsstraße 2068 zwischen Aldi-Kreisel und DLR-Einfahrt mit einer Beleuchtung auszustatten. Während außerörtliche Radwege normalerweise nicht beleuchtet werden, wird sie in diesem Abschnitt wegen hohem Fußgängeraufkommen und starker Blendwirkung durch auf der erhöhten Straße fahrenden Kfz benötigt.

Sanierung Hochstadter Straße

Nach der ursprünglichen Planung sollte die Hochstadter Straße in Oberpfaffenhofen im Rahmen ihrer Sanierung lediglich verbreitert werden. Als das Projekt im Gemeinderat diskutiert wurde, konnte die Mobilitätswende einige wesentliche Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer einbringen. So gibt es jetzt einen Gehsteig vom Durchgang zur Ettenhofener Straße bis zum Kesselboden, und an der Ortseinfahrt wurde eine Querungshilfe gebaut, die auch temporeduzierend auf den Kfz-Verkehr wirkt.

Radl Repair Café

Bei der Vorstellung der Gewerkhausidee im ehemaligen Feuerwehrhaus Weßling wirkte die Mobilitätswende mit einem Radl Repair Café mit. Diese Aktivitäten wurden ab Ende Juli durch wöchentliche Treffen des von der Nachbarschaftshilfe Weßling gegründeten Helferkreises Radl für Flüchtlinge fortgesetzt.

Radlständer

Beim zweiten Radlständer-Vergleichstest wurde deutlich, dass diese erstmalig im Jahr 2014 durchgeführte Aktion leider keinen Anstoß zur Verbesserung der Abstellanlagen in Weßling gegeben hat. Lediglich der von den Weßlinger STAdtradlern gewonnene Radlständer beim Kiosk am Badestrand setzt qualitativ neue Maßstäbe, und an der Grundschule Weßling stimmt nun wenigstens die Anzahl der Stellplätze. Auf Anregung der Mobilitätswende wurden außerdem brauchbare Radlständer beim Spielplatz und beim Edeka installiert.

STAdtradeln

Zum fünften Mal nahm Weßling erfolgreich am STAdtradeln teil. 419 Radlerinnen und Radler erreichten mit 83.232 km den landkreisweit ersten und deutschlandweit dritten Platz in der Wertung Radlkilometer je Einwohner. Damit gewannen sie den von Landrat Karl Roth ausgelobten Preis von 2.000 € zur Radverkehrsförderung. Auch diesmal hatte die Mobilitätswende organisatorisch in Weßling und auf Landkreisebene mitgewirkt. Bürgermeister Michael Muther zeigte sich beim begleitenden Wettbewerb Chefsache Radverkehr großzügig und sagte zu, sich um die Radverkehrsverbindung nach Etterschlag sowie die Beleuchtung des Geh- und Radwegs zum DLR zu kümmern. Auch die Radverkehrsbeauftragte der Gemeinde hat sich für ihr Interesse und ihren Einsatz im Jahr 2015 übrigens ein dickes Lob verdient.

Sonstiges

Als im Sommer im Walchstadter Weg eine neue Stromleitung verlegt wurde, nahm die Gemeindeverwaltung die Anregung der Mobilitätswende an, dabei zwei der 28 fehlenden Bordsteinabsenkungen herzustellen. Nach den Herbstferien führte die Mobilitätswende eine Verkehrszählung in der Hauptstraße durch. Mit zahlreichen Leserbriefen, Zitaten und Artikeln in Unser Dorf heute kommentierte die Mobilitätswende die aktuellen Geschehnisse hinsichtlich nachhaltiger Mobilität. Außerdem wirkten Vertreter der Mobilitätswende im Gemeinderat, im städtebaulichen Arbeitskreis Weßling, im Arbeitskreis Radverkehr des Landratsamts und in der Arbeitsgemeinschaft Radverkehr STA des ADFC mit.

Stillstand

In ihrem dritten Jahr hat die Mobilitätswende zweifellos mehr erreicht als zuvor. Allerdings verliefen nicht alle Bemühungen erfolgreich. So hat es der Gemeinderat abgelehnt, den 40 m langen Radwegabschnitt zwischen Aldi-Einfahrt und Kreisel endlich mit einer alltagstauglichen Fahrbahnoberfläche zu versehen, und auch die offenkundig falschen Beschilderungen in Argelsrieder Straße/Feld und am Badestrand wurden von der Verwaltung trotz mehrfacher Anfrage nicht behoben. Außerdem wurde das fertige Tempo-30-Konzept der Mobilitätswende nicht in Angriff genommen.

Rückschritte

Schmerzlicher als diese Kleinigkeiten sind allerdings im Jahr 2015 realisierte Millionenprojekte auf Weßlinger Flur, die die Dominanz des Kfz-Verkehrs in einer neuen Dimension für Jahrzehnte zementieren: Westumfahrung, DLR-Parkhaus (251 Kfz-Stellplätze) und OHB-Parkplatz (177 Kfz-Stellplätze) schaffen Tatsachen, neben denen die genannten Bemühungen für zukunftsfähige Mobilität gänzlich verblassen. In Weßling steht die Überwindung fossilen Denkens nach wie vor ganz am Anfang.

Verkehrszählung in der Hauptstraße

Messstelle Gasthof Zur Post

Messstelle Gasthof Zur Post

In den beiden Wochen nach den Herbstferien führte die Mobilitätswende Verkehrszählungen an zwei Messstellen in der Hauptstraße durch. Sie erfolgten in der Woche vom 9. bis 15. November vor dem Biergarten des Gasthofs Zur Post und in der Woche vom 16. bis 22. November vor dem Einrichtungshaus Hof Art. Für die Zählung wurde ein freundlicherweise vom VCD Bayern zur Verfügung gestelltes Verkehrserfassungsgerät SR4 von Sierzega eingesetzt, welches per Radar Anzahl, Geschwindigkeit und ungefähre Länge der in beiden Richtungen passierenden Kraftfahrzeuge bestimmt.

Im Zeitraum der Messungen herrschte mildes Herbstwetter, bevor es in den letzten drei Tagen winterlich wurde. Eine geringfügige Beeinträchtigung der Zählung könnte es durch ausweichenden Verkehr aufgrund der wegen Sanierung gesperrten Hochstadter Straße gegeben haben.

Messstelle Hof Art

Messstelle Hof Art

Beim Gasthof Zur Post wurden innerhalb der ersten Woche 109.308 Kfz, davon ca. 2.616 Lkw gezählt. Von Montag bis Freitag lag die tägliche Kfz-Anzahl recht konstant zwischen 16.505 und 17.749 mit einem Durchschnittswert von 17.301, davon etwa 465 Lkw.

In der zweiten Woche bei Hof Art betrug die Gesamtanzahl der Kfz 102.882, davon ca. 2.442 Lkw. Von Montag bis Freitag wurden zwischen 15.936 und 17.128 Kfz mit dem Durchschnitt 16.561 (ca. 417 Lkw) gezählt.

Das Ergebnis beim Gasthof Zur Post stimmt verblüffend genau mit der in diesem Bereich im April 2008 durchgeführten, in der Verkehrsuntersuchung von Prof. Kurzak veröffentlichten Zählung (17.300 Kfz) überein. Die auf dem neben der Messstelle aufgestellten Plakat „Umgehung für Weßling jetzt!” genannten Zahlen (21.690 Kfz, 690 Lkw) wurden nicht bestätigt. Interessant ist auch, dass die Gesamtanzahl der in einer Wochen durch die Hauptstraße fahrenden Fahrzeuge in etwa dem Kfz-Bestand im Landkreis STA (Ende 2014: 109.449, das sind 1,02 Fahrzeuge je volljährigem Einwohner) entspricht. Ferner überschritten bei Hof Art 31 % der Fahrzeuge die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h, wobei nachts mehrmals Geschwindigkeiten über 100 km/h gemessen wurden.

Plakat gegenüber dem Gasthof Zur Post

Plakat gegenüber dem Gasthof Zur Post

Die Verkehrszählung 2015 dokumentiert das Verkehrsaufkommen in der Hauptstraße vor der Eröffnung der Westumfahrung. Die Mobilitätswende plant, die Zählungen in den kommenden Jahren zu wiederholen, sodass die Entwicklung des Verkehrsaufkommens objektiv nachvollziehbar wird.

Die Mobilitätswende stellt hiermit alle erfassten Datensätze und Auswertungen der Öffentlichkeit zur Verfügung:

Messstelle Daten Auswertung
Gasthof Zur Post Daten Auswertung
Hof Art Daten Auswertung

Die Ergebnisse der Verkehrszählung wurden am 12. April 2016 im Gemeinderat vorgestellt: Präsentation

Auf den Arm genommen

Leserbrief zum Beitrag Umwege mit dem Fahrrad in der Süddeutschen Zeitung vom 6. November 2015 und zur Niederschrift der Gemeinderatssitzung am 27. Oktober 2015

Als Radfahrer fühlt man sich wieder einmal vom Landkreis auf den Arm genommen: Da beauftragt der Kreis für viel Geld ein renommiertes Büro damit, ein Alltagsradroutennetz für den Landkreis zu erarbeiten. Jedem Kenner ist klar, dass die Kreuzung von Seestraße/Aubachweg mit der Staatsstraße 2070 am südlichen Ortsrand von Hechendorf einer der kritischen Punkte bei der Realisierung dieses Netzes sein wird, denn die einzig realisierbare Alltagsverbindung von Herrsching über Hechendorf nach Weßling und Gilching wird genau über diese Kreuzung führen. Der Weg an der Bahnlinie entlang von Herrsching nach Hechendorf und der Aubachweg müssten befestigt werden und schon wäre diese wichtige Verbindung realisiert. Und was macht das Landratsamt? Anstatt Fußgängern und Radfahrern ein sicheres Queren der Staatsstraße dort zu ermöglichen, wo die Route natürlicherweise auf die Straße trifft, ordnet es für die Radfahrer einen absolut unsinnigen Umweg an, wohlwissend, dass sich kein Radler daran jemals halten wird. Genauso sinnvoll wäre es, dem Aubach zu befehlen, dass er in Zukunft bergauf zu fließen habe!

Und warum das Ganze? Vermutlich, um im Fall eines Unfalls die Schuld dem unvernünftigen Radler zuweisen zu können, der die ach so weisen und fürsorglichen Anordnungen des Landratsamts nicht befolgte. Dabei könnte man diese Kreuzung auch durch Tempo 30 für die Autos am besten in Verbindung mit einer Ampel, die bei Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf rot schaltet, ganz leicht zur sicheren Fahrradkreuzung machen.

Den Autoverkehr ein klein wenig in die Schranken weisen – in diesem Landkreis offensichtlich ein Ding der Unmöglichkeit!

Gerhard Sailer
Mobilitätswende Weßling

Eine andere Mobilität ist möglich

Der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums

Der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums

Es gibt keinen motorisierten Individualverkehr. Im ganzen Ort herrscht Fahrverbot für Kfz mit genau festgelegten Ausnahmen: Für den gewerblichen Lieferverkehr dürfen elektrisch angetriebene Kleintransporter (Höchstgeschwindigkeit 20 km/h) benutzt werden. Verbrennungsmotoren sind nur für Einsatzfahrzeuge (Feuerwehr, Krankenwagen) sowie Land- und Baumaschinen zulässig.

Parkplatz mit minimalem Flächenverbrauch

Parkplatz mit minimalem Flächenverbrauch

So setzt sich der Straßenverkehr beinahe ausschließlich aus Fuß- und Radverkehr zusammen. Die Straßen sind frei von Lärm, Abgasen, Feinstaub und Lebensgefahr. Dank dem menschlichen Maß entsprechender Geschwindigkeiten und persönlicher Kommunikation der Verkehrsteilnehmer verläuft der Verkehr jederzeit entspannt und ohne Hektik und Aggression. Infantile Drohgebärden durch hochdrehende Verbrennungsmotoren mit Sportauspuff, panzerartige SUVs und sonstige Persönlichkeitsprothesen auf vier Rädern gibt es nicht.

Hauptverkehrsmittel Fahrrad

Hauptverkehrsmittel Fahrrad

Die unzähligen Radler fahren ohne Helm auf Hollandrädern und Cruisern mit Nabenschaltung, funktionierender Lichtanlage und bei Bedarf mit geräumigem Transportanhänger. In knallbunte, reklameübersäte Radlerklamotten gezwängte Wochenendradsportler mit High-Tech-Sportbike der neuesten Generation sucht man hingegen vergebens. Das allgegenwärtige flüsterleise Prasseln der auf dem Klinkerpflaster abrollenden Veloreifen ist Musik in den Ohren eines jeden Radlfreunds.

Autofreie Wohnstraße

Autofreie Wohnstraße

Alle Waren und Diestleistungen für den täglichen Bedarf stehen im Ort zur Verfügung. Niemand braucht sich Gedanken über Kfz-Stellplätze und -Straßen, Staus, Geschwindigkeitsbeschränkungen und -kontrollen, Ampeln und Vorfahrtsregelungen, Fahruntauglichkeit und Verkehrstote, Elterntaxis und Schulwegsicherheit, Radverkehrsförderung und Mobilitätswende zu machen. Überall ist selbstbestimmte Mobilität für Jung und Alt selbstverständlich möglich. Nicht der fahrende und ruhende Kfz-Verkehr, sondern der Mensch steht im Mittelpunkt des öffentlichen Raums.

Was für einen Weßlinger völlig utopisch klingt, ist in Langeoog auf der gleichnamigen ostfriesischen Insel längst Realität. Offenbar können allein durch die räumliche Trennung des Gemeindegebiets Denkbarrieren niedergerissen und Menschenverstand beflügelt werden. Es ist verblüffend und faszinierend, dass eine so kompromisslose Hinwendung zu sanfter Mobilität in einem Ort der Autorepublik Deutschland möglich ist.

Verkehrsraum umverteilen

Leserbrief zum Beitrag Ab auf die Radl-Autobahn und den Kommentar Autoverkehr bevorzugt in der Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2015

Vielen Dank für den Kommentar von Michael Berzl, der den Nagel auf den Kopf trifft. STAdtradeln hat es geschafft, Jahr für Jahr ein paar Tausend Radler im Landkreis dazu zu bewegen, ein paar Hunderttausend Fahrradkilometer zu dokumentieren. Immerhin haben die Radler damit erreicht, dass Ihnen der Landrat zuhört, auch wenn dadurch noch lange keine Verbesserungen für das Radwegenetz erreicht sind. Und wenn jetzt Radschnellwege für den Landkreis ins Gespräch gebracht werden, dann malt die Verkehrsmanagerin des Landkreises gleich das Schreckgespenst von Fronten zwischen Naturschützern und Radfahrern an die Wand, die da aufeinanderprallen könnten.

Fronten, die es nicht gibt und auch nicht geben muss! Sicherlich sind an ein paar wenigen Stellen neue Radwege erforderlich, aber wesentliche Verbesserungen für den Radverkehr könnte man schon dadurch erreichen, dass man Straßen ganz oder teilweise Radfahrern und anderen schwächeren Verkehrsteilnehmern zurückgibt. Stattdessen baut man weiter planlos Umgehungsstraßen, ohne sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen diese auf das übrige Straßennetz haben.

Beispielsweise die Umfahrung von Unterbrunn und Oberbrunn! Die für den Autoverkehr weitgehend überflüssig gewordene alte Straße könnte mit wenig Aufwand und fast ohne zusätzlichen Flächenverbrauch zur Fahrradroute und zu einem wichtigen Baustein für einen Radschnellweg Starnberg – Gilching – Fürstenfeldbruck umgestaltet werden. Stattdessen erhält man die alte Straße als parallele Auto-Straße zur neuen Umfahrung.

Wie könnte dagegen eine sichere Radroute aussehen? Zwischen der südlichen Ortseinfahrt von Gilching und der jetzigen Anschlussstelle Unterbrunn-Nord fehlen 2,5 km Radweg. Ab Unterbrunn-Nord könnten die Radler auf die dann für den Kfz-Verkehr gesperrte alte Staatsstraße wechseln und gefahrlos nach Unterbrunn und dann weiter auf der Straße nach Oberbrunn radeln. Dieses Straßenstück hätte nur noch als Verbindung zwischen Unter- und Oberbrunn eine Bedeutung und könnte deshalb problemlos auf Tempo 60 für Autos beschränkt werden. Von Oberbrunn aus ginge es dann wieder auf der für den Kfz-Verkehr gesperrten Strecke bis zur jetzigen Anschlussstelle Oberbrunn Süd an die neue Umfahrung.

Hier und am neuen Kreisel Waldkreuzung müssten bisher „vergessene“ Fahrradunterführungen gebaut und ein 1,5 km langes Stück Radweg bis Hanfeld ergänzt werden. Würde man jetzt noch entlang der Hanfelder Straße in Starnberg, der Römerstraße in Gilching und der Ortsdurchfahrt Alling noch Fahrradschutzstreifen anlegen, wäre der Fahrradschnellweg Starnberg Fürstenfeldbruck fertig!

Was bitte hindert die Verantwortlichen daran, Projekte wie dieses anzugehen?

Gerhard Sailer
Mobilitätswende Weßling

Zukunftsfähige Mobilität wird vertagt

Leserbrief zum Beitrag Autoverkehr bevorzugt in der Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2015

Ihr Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf: Nicht nur die autolobbyhörige Bundes- und Landespolitik verhindert eine Mobilitätswende. Sondern auch in der Kommunalpolitik wird alles getan, um die Abhängigkeit vom Auto noch weiter zu steigern und wirklich nachhaltige Alternativen zu marginalisieren. Der Neu- und Ausbau von Straßen und Stellplätzen für Kfz blockiert dabei Gremien, Verwaltungen und Haushalte. Natur- und Wasserschutz, Klimakatastrophe und Energiewende, Fuß- und Radverkehr und sonstige Nebensächlichkeiten haben sich unterzuordnen. So wird für punktuelle Verkehrsentlastungen die Schaffung eines autogerechten Landkreises in Kauf genommen und zukunftsfähige Mobilität auf unbestimmte Zeit vertagt.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Fortschritt ohne Durchblick

Leserbrief zum Beitrag Hoffen auf Regen in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Mai 2015

Nepomuk gibt den braven ADAC-Schützen und schwärmt von seinem mobilen Dach über dem Kopf. Auf das diesjährige STAdtradel-Motto „Einander begegnen” geht er freilich nicht ein, sperrt er sich doch lieber in seine geliebte Blechkiste ein und hofft auf Regen.

„Nachdem endlich jeder im Landkreis einen automobilen Untersatz hat”, herrscht bekanntlich allerorts große Begeisterung über Lärm, Gestank und Lebensgefahr durch die fortschrittlichen Kraftfahrer. Aber warum über eine Lösung nachdenken, wenn man selbst Teil des Problems ist?

Da regt sich Nepomuk lieber über Retro-Getue und sinnloses Gestrampel auf und freut sich über Misserfolge beim STAdtradeln. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, seine Windschutzscheibe gewähre nicht immer den nötigen Durchblick.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling

Hoffen auf Mobilität ohne Zukunft

Leserbrief zum Beitrag Hoffen auf Regen in der Süddeutschen Zeitung vom 29. Mai 2015

Nepomuk illustriert den weit verbreiteten autoaffinen Landkreisbürger, dessen dringenste Sorgen in Sachen Fortbewegung in der Qual der Wahl zwischen Q7, 911 Cabrio oder gar i8, der ausreichenden Anzahl kostenloser Kfz-Stellplätze im öffentlichen Raum und dem schnellstmöglichen Bau einer Ortsumfahrung bestehen. Die gewaltigen Herausforderungen auf dem Weg zu nachhaltiger Mobilität wird er erst wahrnehmen, wenn die Kosten für seinen nicht zukunftsfähigen Fahrzeugpark explodieren und das Auto seine Funktion als Statussymbol endgültig einbüßt. Dann wird auch Nepomuk die Botschaft des Stadtradelns verstanden haben.

Gerhard Hippmann
Mobilitätswende Weßling